Alpines Rettungswesen – Die Ereignisse in der Watzmann-Ostwand vom 4. bis 8. Januar 1937

Mitteilungen des deutschen und österreichischen Alpenvereins

1937, S. 30 ff

Zum Geschehen am Watzmann

Die Ereignisse in der Watzmann-Ostwand vom 4. bis 8. Januar 1937

Bericht von Richard Siebenwurst, Leiter der Landesstelle Bayern für alpines Rettungswesen.

Am 4. Januar erscheint in der Geschäftsstelle der Landesstelle Bayern für Alpines Rettungswesen des D. u. O. A. V. Frau V. und macht folgende Angaben:

Ihr Sohn und sein Onkel, beide namens Franz Frey aus München, sind am Donnerstag, den 31. Dezember 1936, abends von München weggefahren nach Berchtesgaden, um in den Tagen vom 1., 2. und 3. Januar die Watzmann-Ostwand zu durchsteigen. Sie wollten am Sonntag, den 3. Januar, abends, bestimmt wieder in München sein. Ein Vetter der beiden Vermißten ist zwecks Rücktransports der Schier mitgefahren und am Sonntag abends in München allein eingetroffen.

Das am 2. Januar abends eingetretene schlechte Wetter ließ die Möglichkeit eines Unfalles als sehr wahrscheinlich erscheinen, und wir gingen deshalb sofort daran, eine größere Expedition in die Wege zu leiten. Sofortige telephonische Rücksprache mit dem Obmann der Rettungsstelle Berchtesgaden, Herrn Aschauer, ergab folgendes Bild:

Freys sind am Donnerstag 0.30 Uhr in Königssee eingetroffen, übernachteten dort im Hotel Königssee und wollten mit dem ersten Boot um 6 Uhr nach Bartholomä übersetzen. Das erste Boot ging jedoch erst um 11 Uhr.

Gegen Mittag stiegen sie mit Schiern gegen die Eiskapelle an. Nachdem die Schier nicht mehr verwendet werden konnten, kehrte der oben erwähnte Vetter mit drei Paar Schiern nach Berchtesgaden zurück.

Am selben Tag um 23.30 Uhr beobachtete der Forstwart Kellersberger von Bartholomä aus in dem Wandgürtel, der oberhalb der Eiskapelle ansetzt und hinaufzieht bis zum sogenannten Kar, das Hinunterfallen einer Laterne. Er eilte sofort zur Eiskapelle, begann dort zu rufen, mußte aber ohne Antwort wieder zurückkehren.

Berechtigterweise verständigte er die Alpine Rettungsstelle Berchtesgaden, die sofort drei Führer aussandte, um den anscheinend Verunglückten zu Hilfe, zu kommen. Entgegen dieser Annahme war jedoch kein Unfall geschehen; im Gegenteil. Die drei Führer sahen die beiden Frey aufwärts steigen gegen die Schöllhornplatte, und sie riefen ihnen mehrmals zu, doch umzukehren, da das Wetter schlecht werde. Diese Warnungen wurden von den beiden Frey jedoch nicht beachtet und sie stiegen weiter. Sie wurden von da ab von Bartholomä aus ständig beobachtet, bis sie in der Gegend der Schöllhornplatte am Samstagabend ihr zweites Biwak bezogen. Am Sonntag stiegen sie über den ersten Teil des dritten Bandes weiter und von dort, wo es plötzlich abbricht, hinauf auf das vierte und fünfte Band. Das war der Stand am Montag um 11 Uhr. Eine neuerliche Anfrage in Bartholomä

selbst ergab nichts Neues. Der starke Neuschneefall und das schlechte Vorwärtskommen der Bergsteiger veranlaßte mich zu folgenden Schritten, die ich mit dem Obmann der Rettungsstelle Berchtesgaden, Aschauer, gemeinsam besprochen hatte: Ein Zuhilfekommen war bei der augenblicklichen Sachlage weder von unten noch von oben her möglich. Als einziges käme ein Versuch in Betracht, den beiden mittels Flugzeuges Ausrüstungsgegenstände und Verpflegung abzuwerfen. Wir waren uns darüber im klaren, daß dies infolge des Baues der Wand vielleicht beim Versuch bleiben müßte. Wir sahen aber keine andere Möglichkeit, sofort etwas zu unternehmen. Das Flugzeug wurde uns auch sofort von der Übungsstelle Oberwiesenfeld durch Herrn Major Braun mit dem Piloten Neininger, dem Leiter der Übungsstelle, zur Verfügung gestellt. Ich selbst flog mit vier Päckchen Ausrüstungsgegenständen, Inhalt: Meta, Sturmzündhölzer, ein Zeltsack, Benzin für Primuskocher, Wolldecke, nach Ainring bei Freilassing. Dort tauschte ich mit Aschauer, der vier Lebensmittelpakete mitbrachte, den Platz. Aschauer ist einer der besten Kenner der Watzmann-Ostwand und sollte deshalb das Abwerfen besorgen. Vorsorglich wurde aber in München eine Gruppe, bestehend aus den besten Bergsteigern, zusammengestellt. Um 13 Uhr flog ich von München ab. 13.40 Uhr war ich in Ainring;‘ um 15.30 Uhr konnte ich bereits den ersten Blick durch das Fernglas in Bartholomä tun. Ein Sonderboot war bereits von Berchtesgaden aus bestellt. Die in Bartholomä angestellten Beobachtungen über den Standort der beiden waren für das weitere Beginnen der Expedition von großer Bedeutung. Ich fuhr zurück nach Berchtesgaden, um dort zusammen mit Aschauer die inzwischen eingetroffene Expedition aus München mit Berchtesgadnern zusammenzustellen und zu instruieren. Das Jägerregiment 100 von Reichenhall hatte sich erboten, einige gute Leute abzustellen, und, so setzte sich die Expedition zusammen (außer mir) aus acht Münchnern: Göttner, Gramminger, Dr. v. Kraus, Peidar, Nosenschon, Ruder, Schmaderer, Steinberger, den zwei Berchtesgadnern Aschauer und Kurz und drei Reichenhaller Jägern.

Zur Zeichengebung hatten wir vereinbart: Auf der Wiese bei Bartholomä werden im Bedarfsfall aus Brettern Buchstaben ausgelegt oder Leuchtraketen abgeschossen. „L“ oder Grün bedeutet: „Links absteigen.“ „R“ oder Rot bedeutet: „Rechts absteigen“ im Sinne des Abstieges. „S“ oder Rauchfeuer heißt „Stopp, Expedition abbrechen“. „A“ bedeutet: Freys sind im Abstieg. Rauchfeuer oder Rot im Wimbachtal heißt „abbrechen“.

Um 20.45 Uhr begann in Wimbachbrücke die Verteilung von Verpflegung und Ausrüstungsgegenständen und kurz darauf setzte sich die Gruppe mit schweren Rücksäcken in Marsch, Richtung Wimbachgriesalm.

5. Januar: Königssee infolge Eisbildung nicht schiffbar. Ankunft dort daher erst um 10 Uhr. Ich konntegerade die ersten unserer Leute den Gipfel betreten sehen.

Ohne daß wir von Bartholomä aus etwas Besonderes beobachten konnten, spielte sich dort oben folgendes ab:

In der tiefsten Einsenkung zwischen der Südspitze des Watzmanns und dem nächsten markanten Felskopf wurde ein Mann senkrecht in die Ostwand abgeseilt, um nach den beiden Vermißten zu suchen. Da der erste Trupp unserer Leute sich auf dem Felskopf aufhielt, legten wir das Zeichen „A“. Wir konnten die beiden Frey immer noch weiter beobachten, wie sie auf dem fünften Band aufwärts stiegen und um 13.30 Uhr eine Felsstufe erreichten, an der sie sich später zur Beiwacht rüsteten. Einbruch von Nebel hinderte uns an weiteren Beobachtungen. Die Rettungsmannschaft auf dem Gipfel konnte trotz lautesten Rufens (13 Mann auf einmal) keine Antwort von den beiden vernehmen. Man mußte mit Bestimmtheit annehmen, daß die Rufe absichtlich nicht beantwortet wurden, denn das Wetter war völlig klar und ziemlich windstill.

Später gaben die beiden Frey auch zu, daß sie die Rufe nicht nur gehört, sondern auch unsere Leute am Grat oben gesehen, absichtlich aber nicht geantwortet hätten. Zugleich kreiste ein Flugzeug mehrere Stunden über der Watzmann-Südspitze und erschwerte außerordentlich eine Verständigung zwischen den Vermißten und der Rettungsmannschaft. Am Gipfel stellte sich heraus, daß infolge der ungeheuren Schneemengen, die in der windgeschützten Ostwand angeweht auf den steilen Bändern lagen, ein Tiefergehen in die Wand nur mit dreifacher Seilsicherung gewagt werden konnte. 320 m Seil, darunter einige Reepschnüre, waren vorhanden. Doch das war bei weitem nicht ausreichend. Die Mannschaft entschloß sich daher, auf dem Gipfel in einer Schneehöhle zu biwakieren; drei Mann stiegen nach Wimbachgriesalm ab, um neue Seile zu holen. Ich entsandte einen Boten zur Wimbachgriesalm, um Nachricht von dort zu erhalten. Am Abend erhielt ich durch diesen Boten nachstehenden Bericht von Aschauer:

„Griesalm 6.15 Uhr ab, noch dunkel am Einstieg zum Schönfeld. Zuerst sehr schlechte Schneeverhältnisse, später weiter oben recht gut. Auf dem Gipfel der Südspitze an 10.03 Uhr! Trotz unserer Rufe (13 Mann gleichzeitig aus Leibeskräften!) keine Antwort aus der Wand. Um 13.15 Uhr wurden die beiden Freys , zufällig etwa 430 m unterm Gipfel vom Grat aus gesichtet. Sie riefen aber nicht um Hilfe! Sie verlangten nur nach Essen. Um 14 Uhr wurde vom Grat aus der Abstieg in die Wand begonnen (Göttner). Er stieg an sechs zusammengeknüpften Seilen etwa 180 m in die Wand ab. Später folgte mit dreimal 50 m Reepschnur Schmaderer. Leider war es bei Beginn des Abstieges sehr neblig, so daß nur noch sehr schlechte Rufverbindung bestand. Als das Wetter ganz zum Schlechten umschlug (es schneite leicht und Eisregen ging nieder), wurden zum einzigen Male Hilferufe gehört. Die Freys befanden sich da auf einem Band, über dem sich eine etwa 25 bis 30 m hohe, senkrechte Wand ausbaut. Leider gelang es Göttner und Schmaderer nicht mehr, auf dieses Band hinabzukommen. Um 15.45 Uhr gaben Göttner und Schmaderer Signal zum Heraufziehen. Damit waren für den heutigen Tag die Rettungsaktionen abgebrochen. Ich entschloß mich daher, sofort mit Kurz Sepp und Schweiger zur Griesalm abzusteigen. Am Grat ab 16.15, Griesalm an 17.40 Uhr. Der Abstieg war schlecht, sehr neblig und schon dunkel.

Hier im Wimbachtal regnet es. Die Wetteraussichten für morgen sind sehr schlecht. Alle anderen (10 Mann) biwakieren in einer lehr schönen Schneehöhle auf dem Gipfel. Ihr könnt ganz unbesorgt sein. Morgen früh steigen wir mit etwa 120 bis 150 m. Seil wieder auf. Vielleicht gelingt es doch noch!“

Dieser Bericht erhellt die ganze Lage!

6. Januar : Um 11 Uhr entdecke ich von Bartholomä aus die beiden Frey, die bisher noch nicht gesehen worden waren, etwas rechts in der Fallinie des Gipfels, wie sie sich in tiefem Schnee mühsam aufwärts mühen. Von unseren Leuten ist infolge des Nebels bis jetzt nichts zu sehen gewesen; auch beim Weichen des Nebels können wir niemand auf dem Gipfel entdecken. Um 12 Uhr schicke ich wieder einen Boten nach Wimbachgries, um dort Nachschau zu halten, ob unsere Leute etwa umgekehrt seien. Ich hege die ärgsten Befürchtungen. Von Bartholomä aus ist deutlich zu sehen, wie haushohe Schneefahnen über den Grat hinwegziehen. Das Wetter war die ganze Nacht über schlecht gewesen. In Berchtesgaden regnete es in Strömen und ich konnte nur annehmen, daß entweder einem oder mehreren unserer Leute etwas zugestoßen sei oder daß ein Aufenthalt unserer Leute infolge des wahnsinnigen Sturmes auf dem Gipfel überhaupt unmöglich war, sollten nicht weitere Menschenleben gefährdet werden. Ich fahre zurück nach Königssee. Dort erreicht mich ein fernmündlicher Anruf Aschauers, der mit der ganzen Mannschaft die Expedition abgebrochen hatte. Von Tagesgrauen ab war eine Stunde lang versucht worden, noch vom Gipfel aus mit den beiden in Verbindung zu kommen. Eine Verständigung konnte nicht erzielt werden.

Der Sturm wurde immer heftiger, und die Rettungsmannschaft nahm an, daß die beiden nicht mehr am Leben seien. Denn es erschien auf dem Gipfel als unmöglich, daß jemand eine fünfte Beiwacht bei diesem Wetter durchhalten könnte. Außerdem hatten sich verschiedene Rettungsmänner schon Erfrierungen zugezogen, so daß höchste Eile für den Rückzug geboten erschien. Niedergeschlagen über den Mißerfolg traf ich unsere Leute in Wimbachbrücke. Doch als ich ihnen erklärte, daß wir bis 13.30 Uhr die beiden noch beobachtet hätten, daß sie vorwärts drangen, leuchtete neue Hoffnung in ihren Augen auf.

Unterdessen hatte sich der Reichskanzler Hitler durch Brigadeführer Schaub für die ganze Sache interessiert, und die Frage, ob wir etwas brauchen würden, hatte Aschauer in richtiger Erkenntnis der Sachlage damit beantwortet, daß wir 50 Soldaten, 500 m Seil, Zelte und andere Ausrüstungsgegenstände benötigen. Nur mit dieser Hilfe könnte ein nochmaliger Versuch gemacht werden.

Bereits mittags hatte ich bei den Gebirgsjägern in Reichenhall Funkgeräte angefordert, die eine Verbindung herstellen sollten zwischen Wimbachgriesalm und Berchtesgaden. Um 16 Uhr rückten unsere Leute wieder zur Wimbachgriesalm ab, um einen letzten Versuch am nächsten Tage trotz des schlechten Wetters zu wagen. Es schneit unaufhörlich, im Tale regnet es; alle sind durchnäßt; doch ohne eine Silbe der Widerrede geht jeder erneut ans Werk. Um 19 Uhr trifft Oberleutnant Raithel mit 44 Mann und den ganzen Geräten ein; in ¼ Stunde ist alles eingeteilt. Ein Geländewagen wird noch angefordert zum Nachliefern von Verpflegung, und um 20 Uhr marschieren 36 Mann unter Führung von Oberleutnant Raithel nach Wimbachbrücke. Acht Mann sollen für den Nachschub von Lebensmitteln sorgen. Um 20 Uhr ist die Funkverbindung zwischen Wimbachgries und Berchtesgaden hergestellt. Der Empfang in Berchtesgaden ist aber sehr schlecht, so daß wir umbauen und die Station nach Wimbachbrücke verlegen. Dort ist der Empfang besser, und wir hoffen, morgen eine günstige Verbindung zu bekommen. Zwei Mann habe ich noch auf die Watzmannkindscharte geschickt, die mir um 23 Uhr folgenden Bericht brachten: „Wir sind bis 22 Uhr auf der Watzmannkindscharte gewesen, infolge des wahnsinnigen Sturmes konnten wir aber gar nichts ausrichten.“

Der Zweck dieser beiden Posten war, die beiden Frey durch ihre Anwesenheit wissen zu lassen, daß wir uns noch um sie bemühen und daß sie durchhalten müßten bis morgen früh. Unsere Stimmung ist gedrückt und ich habe wenig Hoffnung. Zwei Voraussetzungen müssen unbedingt erfüllt sein, wenn wir die beiden noch retten wollen: Das Wetter muß besser werden, damit unsere Leute auf den Gipfel kommen, und die beiden Frey müssen diese Nacht noch überstehen.

Es ist alles genau eingeteilt. Die Mannschaft geht morgen einigermaßen gestärkt ans Werk, denn sie braucht kein Gepäck zu tragen und hat eine verhältnismäßig gute Nacht hinter sich. Die Soldaten müssen die Nacht opfern und das gesamte nötige Gerät muß bei Ankunft unserer Leute bereits auf dem Gipfel greifbar sein. Ferner ist im sogenannten Schönfeld ein Depot zu errichten, das den Rückzug sichern soll. In dieser Nacht finde ich keine Ruhe.

Wird es noch gelingen? Werden die beiden durchhalten? Hoffentlich stößt unseren Leuten nichts zu. Das sind meine Gedanken!

In aller Frühe bin ich auf den Beinen, nehme von der Zentrale aus in Berchtesgaden Verbindung auf mit Bartholomä, mit Wimbachbrücke, mit Wimbachgriesalm, mit Kührointalm; von überall her gleich schlechte Nachrichten: Es stürmt und schneit unaufhörlich. Nach bangen Stunden, um 9.55 Uhr, erhalte ich von Kellersberger (Bartholomä) die Mitteilung, er habe eben drei Mann auf dem Gipfel gesichtet. Gottlob, das Schicksal scheint mit uns zu sein. Weiter ist nichts zu beobachten. Um 10.45 Uhr wiederum Anruf von Bartholomä: Ein Mann hat sich in die Ostwand abgeseilt und steht unmittelbar über den beiden Frey, die nunmehr auch gesichtet sind. Sie sind noch an ihrem selben Standort wie gestern nachmittag. Die unglaublichen Schneemassen machen ein Weiterkommen nach oben unmöglich. Ich bitte Kellersberger, mit Brettern einen senkrecht nach unten deutenden Pfeil zu legen, um die Mannschaft oben darauf aufmerksam zu machen, daß die Gesuchten direkt unter ihnen sind, denn scheinbar ist die Sicht von oben aus durch überhangende Felswände gesperrt. Um 12 Uhr erhalte ich von Kühroint die Nachricht, daß der Posten auf der Watzmannkindscharte die beiden Frey noch von einer halben Stunde gesehen habe, und ein Mann unserer Mannschaft sei nur noch auf Seillänge von ihnen entfernt.

Die beiden Frey gaben Hilferufe, nachdem sie den Posten auf der Watzmannkindscharte gesehen hatten, und diese Rufe wurden von oben beantwortet. Nun besteht für uns keine Ungewißheit mehr; es wird gelingen! Gleich darauf ruft Bartholomä an: Kellersberger teilt mit, daß er statt eines Mannes, der sich abgeseilt habe, plötzlich mehrere sehe. Das fast unmöglich Scheinende ist Wahrheit geworden. Unsere Mannschaft ist zu den beiden gelangt.

Nun handelt es sich nur mehr darum, daß der Grat erreicht wird und anschließend die Wimbachgrieshütte. In stundenlanger Aufseilarbeit wurden die beiden nach einer kurzen Stärkung zum Gipfel gebracht, dort in der Biwakhöhle nochmals mit Tee und leichten Nahrungsmitteln verpflegt; dann begann der Abstieg.

Die Funkverbindung nach Wimbachgriesalm ist leider unterbrochen. Also zur Wimbachgriesalm. Ich lasse mich nicht mehr halten. Der Führer stellt uns seinen Geländewagen zur Verfügung. Wir fahren ein gutes Stück hinauf und haben nur eine halbe Stunde zu gehen zur Wimbachgriesalm. Dort ist eben ein Teil der Mannschaft mit dem jüngeren Frey eingetroffen. Der ältere ist mit den anderen noch auf dem Abstieg. In der Hütte herrscht ein toller Betrieb. Der Fußboden schwimmt. Überall hängen vollständig durchnäßte Kleidungsstücke und in der Küche ist man bereits dabei, die erfrorenen Füße des einen mit Schnee zu behandeln. Eine halbe Stunde später treffen die Leute mit dem zweiten Frey ein, und jetzt erst atme ich beruhigt auf. Die Lawinentätigkeit war während des ganzen Tages und der vorhergegangenen Nacht schon sehr rege gewesen und es ist wie ein Wunder zu bezeichnen, daß kein weiteres Unglück passiert ist. Der Sturm hält oben unvermindert an. Die Anoraks unserer Leute knistern wie Blech, steif gefroren; alle sind vollkommen durchnäßt. Die gesamten Seile, die Zelte, alles, was oben benötigt wurde, mußte zurückgelassen werden; denn der letzte Teil des Abstieges mußte bereits in der Dunkelheit zurückgelegt werden. Um 18.15 Uhr erst trifft der letzte Mann ein. Das Rettungswerk war gelungen.

Trotz aller üblen Begleiterscheinungen strahlte die Freude aus den Gesichtern unserer Leute, und so wurde am nächsten Tage der noch sehr anstrengende Transport auf einem Körnerschlitten durch metertiefen Schnee gern durchgeführt. Am 8. Januar um 14 Uhr erreichte der Transport Wimbachbrücke; dort erwartete die beiden Frey das Sanitätsauto, das sie um 20 Uhr in München in der Chirurgischen Klinik einlieferte.

Fünf bange Tage und Nächte voll Anspannung, körperlich und seelisch, lagen hinter uns; doch leuchtete uns allen ein Bild vor Augen: Wir haben zwei in Todesgefahr Befindliche dem Leben erhalten.

Kritische Betrachtung. Es ist nicht in der Art und im Wesen eines Rettungsmannes gelegen, zu fragen: Wem sollst du zu Hilfe eilen, wo sollst du zu Hilfe eilen? Was sind die Motive für des anderen Tun ?Wir helfen immer und stets! Und doch wird des öfteren die Frage an uns gestellt: War dieses Beginnen der anderen nicht leichtsinnig? Ist es richtig, wegen des Leichtsinnes anderer soviel Menschenleben aufs Spiel zu setzen? Und so soll hier einmal kurz eine Antwort in bezug auf den vorliegenden Fall gegeben werden. Drei Umstände sprechen gegen das Unternehmen der beiden Frey.

  1. Die mehrfach an sie gerichteten Warnungen, die ihren Hauptursprung in der sich umbildenden Wetterlage und in den derzeitigen schlechten Verhältnissen hatten;
  2. die am Samstag, den 2. Januar, für jeden Bergsteiger klar erkennbaren sicheren Schlechtwetterzeichen, die sich auch am Sonntag bewahrheitet haben, und
  3. die Tatsache, daß ihnen die Wand nicht aus einer Begehung im Sommer bekannt war.

Eine Durchsteigung der Watzmann-Ostwand im Winter erfordert engstes Vertrautsein mit den ganzen Verhältnissen in der Wand. Nicht nur die technische Schwierigkeit muß bekannt sein, viel mehr noch muß man Bescheid wissen über die objektiven Gefahren, über die Schwierigkeit der Orientierung und die Wetterverhältnisse.

Für das Unternehmen der beiden Frey spricht:

  1. Ihr nicht zu gering einzuschätzendes Können (sonst hätten sie die schwierigen Stellen überhaupt nicht meistern können),
  2. ihr unbeugsamer Wille zum Sieg, und
  3. ihre Ausdauer.

Beides gegeneinander abgewogen, ergibt eine Verurteilung nach bergsteigerischen Grundsätzen von vornherein; doch muß man letzten Endes Anerkennung zollen für die letzte drei oder vier Tage. Die Berechtigung der Verurteilung ergibt sich klar und deutlich aus dem Umstand, daß die beiden Frey am letzten Tage, Donnerstag, den 7. Januar, keinen Schritt mehr vorwärts gekommen sind und ohne fremde Hilfe weder den Gipfel noch das Tal erreicht hätten.

Wäre die ganze Rettungsunternehmung nicht mit dem restlosesten Einsatz aller Beteiligten durchgeführt worden, so wäre wahrscheinlich eine Rettung unmöglich gewesen. Und nur diesem Umstand ist es zu verdanken, daß die beiden Frey heute noch am Leben sind.

Mögen alle jungen Bergsteiger aus diesem Geschehen die Lehre ziehen, Probleme mit dem Kopf und nicht mit dem Körper zu meistern. Mögen aber auch alle Vereine und Führer von Jungmannschaften in diesem Sinn auf die ihnen anvertrauten jungen Bergsteiger einwirken und ihnen klar machen, daß der Bergsteiger so weit kommen muß in seiner Selbsterziehung, daß er sich für das Schwierigere, nämlich das Verzichten auf den Gipfel, entscheiden muß, wenn der Berg gegen ihn ist.

Die Vetter Frey – Entscheidung in der Ostwand

Mitteilungen des deutschen und österreichischen Alpenvereins

1937, S. 30 ff

Aus dem Bericht des Leiters der alpinen Rettungsstelle Berchtesgaden

Von Josef Aschauer.

Wir haben oben mit dem Berg, mit dem Sturm, dem Eis und Schnee so viel Arbeit und Kampf gehabt, daß wir nicht mehr an das Tal mit seinen teilnehmenden Menschen denken konnten. Unsere ganze Kraft galt dem Rettungswerk allein, das wir, ganz auf uns allein gestellt, ausführen mußten. Wir hatten keinen Mann zu viel, der vielleicht Meldungen hätte ins Tal bringen können. So ist es ja nur zu erklärlich, daß vieles falsch sein mußte, was unten nur angenommen wurde. Von den wirklichen Verhältnissen oben am Berg können sich wohl nur sehr wenige Menschen – eben nur solche Bergsteiger, die Ähnliches erleben mußten – eine Vorstellung machen.

Es war im wahrsten Sinne des Wortes ein Kampf mit den Naturgewalten, die so grauenhafte Anstrengungen machten, um uns das Rettungswerk zu vereiteln. Nur die eiserne Kameradschaft der Rettungsmänner und das vollste Vertrauen eines Kameraden zu dem anderen ließen“ den Kampf überstehen und gewinnen, und jeder Mann leistete auf dem Platz, auf den er gestellt wurde, sein Bestes. Ich weiß nicht, was höher einzuschätzen ist, der Abstieg in den Lawinen der Ostwand oder das Ausharren und das Bedienen der Seile oben am Grat in diesem höllischen Sturm. Als ich nach Stunden aus der Wand heraufkam, da waren meine Kameraden über und über von Eis überzogen. Die Gesichter waren teilweise eingeeist. Sie konnten nur noch spärlich aus den beeisten Wimpern sehen. Als ich einem davon das Eis im Gesicht entfernte, meinte er, der Eispanzer täte gut, weil man den Wind nicht mehr verspüre. Ja, es wurde viel ertragen, um die Tat zu vollbringen.

Als ich am Montag, den 4. Januar, vormittag, an die Landesstelle für das Alpine Nettungswesen in München über die Lage der in Not geratenen Bergsteiger an der Watzmann-Ostwand berichtete, war mir völlig klar, daß ein Rettungswerk ganz außerordentliche Leistungen verlange. Ich erbat mir vom Landesleiter Siebenwurst die besten Münchner Bergsteiger. Eine Rettung konnte nach meiner Ansicht nur von oben unternommen werden. Aber da sich die beiden Frey um diese Zeit noch in der Wandmitte befanden, mußte abgewartet werden, was sie weiter unternahmen, ob sie absteigen oder dem Gipfel zu streben würden. Es war für den Moment mein weiterer Vorschlag, mit einem Flugzeug zu versuchen, Lebensmittel, Ausrüstung usw. abzuwerfen, um einen längeren Aufenthalt in der Wand den beiden Frey zu ermöglichen.

Dies mußte aber sofort geschehen. Von der Landesstelle aus wurde sofort eine Maschine der Luftwaffe erbeten.

Kurz vor dem Abflug zur Ostwand erreichte mich ein Anruf von St. Bartholomä, mit dem mir mitgeteilt wurde, daß die beiden Frey seit dem Vormittag weitergestiegen seien und sich unter einer Wand auf dem vierten Band befänden. In 2000 in Höhe flogen wir über Berchtesgaden nach St. Bartholomä und direkt auf die Ostwand zu. Knapp vor der Wand wurde die Maschine auf den Flügel gestellt, und im Sturzflug ging es an der Wand hinunter ins Eisbachtal. Ich hatte sofort die Spuren im Schnee auf dem vierten Band entdeckt, die unter die Wand hineinführten. Bei zweiten Anflug warf ich das erste Lebensmittelpaket ab, und im Sturzflug sausten wir wieder hinab an der Wand. Ich sah ganz genau den Auffall des Paketes auf dem zweiten Band. Ich hatte also nicht getroffen; das zweite Band kann nämlich überhaupt nicht erreicht werden. Die Maschine mußte noch näher an die Wand heran. Der Pilot zog eine Schleife und steuerte die Maschine von rechts (von Norden) in die Wand hinein. Er legte sie steil auf den Flügel, so daß ich links hinunterschauen und rechts das Paket hinausfallen lassen konnte. Dieses Paket fiel auch tatsächlich am vierten Band knapp neben der Spur auf. Ich war sehr froh, daß es so schön gelang. Aber als wir uns aus dem Eisbachtal wieder herausschraubten, entdeckte ich die beiden Bergsteiger schon in einer Steilrinne zwischen viertem und fünftem Band. Also war es wieder nichts, es sei denn, daß die beiden umkehren wollten und das Paket fanden. Der Pilot steuerte also noch näher an die Felsen heran, die schon ganz bedenklich nahe kamen, und dies Manöver mußte noch mindestens achtmal ausgeführt werden, bis ich alle sieben Pakete abgeworfen hatte. Aber ich hatte auch mit Bestimmtheit gesehen, daß ich mit zwei Paketen ganz in die Nähe der Bergsteiger traf. Leider blieb, das eine davon mit den Lebensmitteln nicht liegen und rutschte ab (Verankerungen an den Paketen konnten nicht angebracht, bzw. mußten wieder entfernt werden, da dadurch die Pakete sich möglicherweise an den Steuervorrichtungen der Maschine verfangen hätten) und das zweite mit den Zeltsäcken konnten die beiden Frey nicht erreichen, weil es auf eine Felsstufe fiel, die gar nicht hoch, aber für die beiden unersteiglich war. Wir erfuhren aber erst vier Tage später von den beiden Frey, daß sie nichts erwischen konnten.

Am 21 Uhr marschierten wir mit den Münchner Bergsteigern – elf Mann: Göttner, Gramminger, v. Kraus, Peidar, Rosenschon, Schmaderer, Steinberger, Ruder, Kurz Sepp, Kurz Toni und ich – von der Wimbachbrücke zur Griesalm ab, die wir um 24 Uhr erreichten. In der Nacht kamen noch Gefreiter Schwaiger und Vreyer, beide vom Jägerregiment 100, zur Griesalm nach. Wir verließen am 5. Januar die Griesalm um 6.15 Uhr. Es war noch finster und ein mühevoller Aufstieg im untersten Teil des Weges. Oft brachen wir bis zu den Hüften in den weichen Schnee an den Latschen ein. Doch schon um 10.05 Uhr standen wir auf dem Gipfel. Wir waren ohne Rast gegangen. Ich glaubte bestimmt an einen schnellen Erfolg, wenn es auch nicht leicht sein sollte. Nach kurzer Rast auf dem Gipfel stieg ein Teil der Mannschaft über den vereisten Grat zur Mittelspitze weiter, während die anderen mit dem Bau einer Schneehöhle begannen, da mit einem Biwak gerechnet werden mußte. Auf einer in die Ostwand vorspringenden Stelle des Grates wurden später alle 13 Mann versammelt und auf Kommando wurde in die Ostwand hinuntergebrüllt. Dann trat Totenstille ein.

Wir horchten alle angespannt. Nichts rührte sich in der Wand, kein Laut, kein Hilferuf. Wir stiegen am Grat weiter, um die Wand besser einsehen zu können. Von einem Gratturm aus gelang dies auch sehr gut und bald waren die Trittspuren mit dem Feldstecher weit unten in der Wand entdeckt. Also schrien wieder alle 13 Mann gemeinsam. Volle 3 Stunden stiegen wir nun schon am Grat hin und her und versuchten auch an einer Stelle in die Wand einzusteigen, aber ohne genaueste Kenntnis des Platzes, an dem sich die beiden Frey befanden, konnten wir nicht weiter absteigen, da die Wand ja auch riesig breit ist. Das Wetter verschlechterte sich zusehends. Plötzlich um 13.30 Uhr entdeckte v. Kraus zufällig einen der beiden Frey. Alle versammelten sich sofort an dem Punkt des Grates, wo man sie sehen konnte. Sie stiegen gerade über eine dunkle Wandstufe auf und hoben sich wieder schlechter ab. Die beiden Frey mußten uns auch gesehen haben, aber sie rührten sich nicht deswegen. Um Hilfe riefen sie noch keineswegs. Sie wollten was zu essen haben. Es wurde sofort ein geeigneter Platz in einer Gratscharte gesucht, von dem aus das Abseilen in die Wand erfolgen konnte. Als Göttner als erster in der Wand unten war, brach plötzlich Nebel herein. Es war um etwa 14.15 Uhr. Dadurch wurden natürlich alle weiteren Maßnahmen sehr erschwert. Göttner stieg an einem Seil etwa 180 m in die Wand hinab. Wir hörten ihn kaum noch. Ihm folgte Schmaderer mit dreimal 50 m Reepschnur, die aber doppelt genommen werden konnte, um einigermaßen Sicherheit zu gewähren. Der Nebel wurde immer dichter, es begann zu schneien. Der Horchposten auf dem Felskopf hörte nun zum erstenmal die Hilferufe der beiden Frey, die schrien: „Hilfe, Hilfe, es schneit schon!“ Göttner und Schmaderer taten alles, um so weit und so nahe wie möglich an die beiden Frey heranzukommen. Diese Arbeit erschien uns oben am Grat schier endlos. Wir hielten krampfhaft das Seil, an dem die beiden unten in der Wand hingen. So gegen 16 Uhr erhielten wir endlich Zeichen zum Aufziehen. Als Göttner und Schmaderer in bessere Rufweite kamen, teilten sie mit, daß mit den vorhandenen Seilen nicht bis zu den beiden Frey hmunterzukommen sei. Eine senkrechte Wandstufe von 30 bis 40 m Höhe trennte sie noch von dem Band, auf dem die beiden Frey sich befanden. Es seien noch gut 100 m Seil notwendig, wenn dies gelingen sollte. Ich entschloß mich daher sofort, diese Seile vom Tal zu holen. Es war höchste Zeit, wollten wir noch rechtzeitig vor Einbruch der Dunkelheit so weit hinabkommen, daß wir aus der Gefahr waren. In einem Laufschritt ging es über alle Schluchten und Wandstufen hinunter. Es herrschte dichtester Nebel, ab und zu ging ein feiner Eisregen nieder und schnell brach die Finsternis herein. Jede Minute war kostbar. Den letzten steilen Grat über dem Wimbachtal legten wir in der Dunkelheit zurück. Auf der Griesalm trafen wir um 17.45 Uhr ein.

Das Wetter war nun völlig umgeschlagen, es schneite und regnete. Da auf der Griesalm nicht  genügend Seile vorHänden waren, schickte ich noch in der Nacht zum Wimbachschloß, um alle Seile, die dort hinterlegt waren, zu holen. Am Morgen stiegen wir wieder mit 180 m Seil zur Südspitze auf. In der Nacht hatte es nicht mehr viel geschneit. Doch hatte der gefallene Schnee genügt, um die Spuren unbrauchbar zu machen, so daß wir uns gehörig schinden mußten. Zudem waren wir nur zu dritt im Spuren. Das Wetter blieb denkbar schlecht. Es wehte ein eisiger Westwind. Als wir dann auf das obere Schönfeld kamen, erschienen oben am Grat die ersten Kameraden und stiegen ab. Wir erhöhten unser Tempo, um möglichst Zeit zu sparen. Als wir auf Rufweite zusammenkamen, riefen uns die Absteigenden zu: „Es ist oben aus, in der Ostwand rührt sich nichts mehr. Die beiden Frey haben diese Nacht nicht mehr überstehen können.“ Nach dieser Beiwacht auf dem Gipfel war der eisige Wind nicht mehr zu ertragen. Schweren Herzens mußten unter solchen Umständen meine Kameraden den Abstieg vom Gipfel antreten. Die eisige Beiwacht in dem wütenden Giftfelsturm hatte den Kräften aller Rettungsmänner zu sehr zugesetzt, und es war ein zwingendes Gebot der Verantwortung gegen jeden einzelnen, abzusteigen. Dazu kam, daß aus der Ostwand wieder auf die Rufe keine Antwort erfolgte. Wir schlössen uns als letzte diesem Abstieg an. Nun war doch alle Plage umsonst gewesen. Gegen Mittag kamen wir zur Griesalm zurück. Dort warteten, bereits zwei Brüder des einen Frey auf ihren jüngsten Bruder. Wir ließen alle zusammen die Köpfe hängen. Die gesamte Ausrüstung wurde nun zusammengepackt und die Griesalm verlassen. Um 13.30 Uhr kamen wir an der Wimbachbrücke an. Ich versuchte sofort telephonische Verbindung mit Siebenwurst; dieser war aber in St. Bartholomä und nicht erreichbar. Zugleich wurde mir mitgeteilt, daß der Führer sofort meinen Bericht erwarte. Ich rief daher am Berghof an und teilte dem Adjutanten des Führers mit, daß das Rettungswerk mißlungen und die beiden Frey unserer Meinung nach tot seien. Gleich nach dieser Meldung wurde ich wieder angerufen und erfuhr, daß die beiden Frey soeben von Vartholomä aus wieder gesichtet wurden, wie sie versuchten, weiterzusteigen. Nun erreichte das Drama den Höhepunkt. Wir sitzen im Tal, abgespannt und ermüdet, und in der Ostwand leben die beiden noch! Aber sofort waren wir alle wieder bereit, hinaufzusteigen. Ob wir aber noch imstande sein würden, den kommenden Strapazen standzuhalten? Wollten wir noch ernsthaft den Rettungsversuch wiederholen, dann mußte sofort in ganz großzügiger Weise ans Werk gegangen werden. Nach kurzer Beratung mit meinem Kameraden beschloß ich, den Führer sofort von der neuen Sachlage zu unterrichten und von ihm die notwendige großzügige Unterstützung zu erbitten. Wir brauchten zu unseren 350 m Seil noch 700 m dazu, weiters Windjacken, Handschuhe, Steigeisen, Zelte, Proviant usw. Um diese Lasten zur Südspitze zu fördern, sollten 50 Mann abgestellt werden.

Binnen kürzester Zeit erhielt ich vom Kommandeur des Jägerregiments die Mitteilung, daß von Seiten des Regiments alles zur Verfügung gestellt werde, was notwendig sei. Es kam alles schnellstens in Gang. Unser neuer Rettungsplan wurde folgendermaßen aufgestellt: Wir Rettungsmänner begeben uns schnellstens zurück zur Griesalm. Wir legen uns sofort nieder, um uns auszuruhen.

In der Nacht trifft die Mannschaft des Jägerregiments mit der Ausrüstung ein und beginnt dann um 3 Uhr früh den Aufstieg. Um 5 Uhr wollen wir ohne Rucksäcke nachkommen und so zu gleicher Zeit auf dem Gipfel eintreffen, worauf sofort in die Ostwand eingestiegen wird. Um 16 Uhr marschierten also alle Rettungsmänner wieder zur Griesalm ab, wo wir um 19 Uhr eintrafen. Um 23 Uhr kamen die Gebirgsjäger, durchnäßt bis auf die Haut, an. Das Wetter hatte ganz zum Schlechtesten umgeschlagen. Es sah trostlos aus, als ich mit dem Führer der Mannschaften, Oberleutnant Raithel, alles Wichtige für den Aufstieg besprach. Die Griesalmhütte war bis auf den letzten Winkel von dampfenden, nassen Menschen angefüllt. Draußen klatschte im Sturmwind strömender Regen nieder. Wie wird das Unternehmen wohl noch enden? Ich hatte große Sorgen, und eine schwere Verantwortung lastete auf mir. Aber jetzt gab es kein Zurück mehr. Es mußte gewagt werden. In durchnäßter und dann eiserstarrter Uniform ist jede Minute Sturm ein Risiko. Ich habe das zweitemal in dieser Nacht lange nicht einschlafen können, geplagt von Zweifel und Sorgen. Um 5.30 Uhr verließen dann wir Rettungsmänner die Griesalm. Oben in den Steilhängen und an den Graten schwankten die Lichter der Jäger umher. Der Regen hatte aufgehört. Dafür tobte der Wind wenn möglich noch viel stärker. Auf der Weghälfte hatten wir die Soldaten eingeholt und überholt. Der Sturmwind nahm mit der Höhe immer mehr zu. Am Grat angelangt, bauten wir sofort an geeigneten Stellen Schneehöhlen, da die Soldaten mit den Seilen noch nicht eingetroffen waren. Es durften nur noch diese Leute nachkommen, die die Seile trugen. Alle anderen mußten umkehren, bzw. unten bleiben und warten. Was brauchten wir noch Proviant, wo zum Essen keine Zeit mehr blieb? Die Schneehöhle auf dem Gipfel wurde sofort vergrößert. Als dann die ersten Seile gebracht wurden, band ich mich fest und ließ mich über die Gratwächte hinunter. Nach gut 100 m Höhe kam ich zu einer mit Eis überzogenen, 8 m hohen Wandstufe, der letzten zu einem vorspringenden scharfen Gratrücken. Meine Kameraden oben hatten das Seil gleichmäßig durch den Karabiner laufen lassen, während ich oberhalb der Wandstufe nach der besten Abstiegsmöglichkeit suchte und stehen blieb. Dadurch war ich nicht mehr straff gehalten worden, ich verlor Plötzlich den Halt, stürzte die Wandstufe hinunter und löste dadurch eine riesige Lawine aus. Durch den Sturz war ich schnell unten, und zudem hatte ich dadurch glücklicherweise die gefährliche Lawine vor mir gelöst. Der Weg weiter abwärts lag offen. Auf dem Gratrücken stieg ich vor zur Kante und schrie hinunter. Es erfolgte sofort Antwort: „Hilfe, wir leben beide noch!“ Es war ganz deutlich, ich hatte mich nicht getäuscht. Ich ließ nun Schmaderer zu mir nachkommen. Wir riefen wieder hinab und nichts mehr rührte sich. Also bleibt nichts anderes- übrig, als weiter abzusteigen. Göttner mußte nachkommen. Schmaderer und ich lösten die Verbindung mit dem Grat völlig, um Seil zu sparen. Als Göttner bei uns war, stieg ich nunmehr in der Lawinenrinne ab. Den Rucksack mit Proviant und Tee für die beiden Frey hatte ich mitgenommen. Als nach 120 oder 150 m das Seil zu Ende ging, da schrie ich mir die Stimme heiser, und es rührte sich nichts. Nur Staublawinen rauschten vorbei an mir wie große Wasserfälle. Es war alles eingehüllt in stäubenden Schnee. Ich machte Quergänge hinaus an die Kanten und versuchte alles, um Einblick zu bekommen in eine Wandeinbuchtung, in der die beiden Frey sein mußten. Mit jeder seitlichen Querung schnitt ich mit, den Seilen die Schneebretter aus den Flanken der Wand heraus, die sich dann auf mich niederstürzten. Aber um mich hatte ich keine Sorge. Ich dachte an die beiden Frey und an die Kameraden im Sturmwind des Grates. Da wurden ganz allmählich die Seile immer straffer, ich wurde wieder hinaufgezogen. Eine Verständigung nach oben war unmöglich. Nun begann die Plage des Aufstieges. Die Seile hatten sich tief in den Schnee hineingeschnitten und die Verknotungen bremsten dazu, so daß mich meine Kameraden nur hinaufziehen konnten, wenn ich selbst so viel wie möglich mithalf. Inzwischen war Kurz Sepp auch auf den schmalen Gratvorsprung heruntergekommen und half mit bei meinem Aufziehen. Fast erschöpft erreichte ich um 12.30 Uhr meine drei Kameraden wieder.

Gramminger und Rosenschon kamen nun auch zu uns herunter. Nun standen wir zu sechst auf dem schmalen Grat. Wir riefen nun wieder links in der Richtung meines Abstieges hinunter und glaubten etwas zu hören, aber es war nichts Sicheres. Die einen hörten etwas, die anderen nichts. Droben heulte der Sturm, es schneite in dichten Flocken in der Wand. Die Lage wurde immer kritischer. Wir einigten uns nach kurzem Ratschlag darauf, daß wir nunmehr Schmaderer links an der Gratkante hinunterlassen, und zwar höchstens 50 m. Mißlingt dieser Versuch wieder, dann muß der Kampf um die Errettung aufgegeben werden, dann mußten wir die beiden Frey der Ostwand lassen. Es war wie ein Todesurteil.

Die Sorge um die Kameraden oben am Grat zwang mir diesen Entschluß auf. Ich durfte keinen meiner Rettungsleute opfern, um vielleicht einen doch schon Todgeweihten oder bereits Toten zu bergen. Schmaderer wurde also von uns ans doppelte Seil genommen. Nach 30 m entschwand er unseren Blicken und nur noch weitere  10 in lief das Seil durch unsere Fäuste, dann spürten wir keinen Zug mehr. Wir warteten ab. Es geschah nichts. Auf unsere Rufe kam keine Antwort. Schließlich ließen wir Rosenschon hinab, damit er nach Schmaderer ausschaue. Und Rosenschon brachte uns die freudige Meldüng, daß Schmaderer bei den beiden Frey stehe und sie füttere. Nun hatten wir eine unbändige Freude. In letzter Minute gelang es uns also doch noch. Lange dauerte es noch, bis Rosenschon Zeichen gab, daß wir die Seile einziehen sollten. Dies ging nur langsam. Es hingen ja auch alle drei, Schmaderer und die beiden Frey, am Seil. Aber es wurde unentwegt eingezogen, Zentimeter um Zentimeter. Wie werden wohl die beiden aussehen? And dann tauchten sie an der Kante auf, bemitleidenswerte, gekrümmte Gestalten mit eingefallenen Gesichtern. Sich näher die beiden anzusehen, blieb keine Zeit. Erst mußten wir aus der Ostwand heraus sein.

Göttner und ich ließen uns sofort aufziehen, damit wir oben mithelfen konnten. Als ich auf den Grat heraufkam, stellte ich mit Entsetzen fest, wie sehr hier im wütenden Orkan meine Kameraden leiden mußten. Von allem Anfang an stand v. Kraus am Grat und leitete die Seilmanöver. Ihn unterstützten die ganze Zeit über Steinberger, der kleine Gefreite Schweiger, der Unteroffizier Wiesheu und der Gefreite Rausch. Diese fünf Mann vollbrachten eine hervorragende Leistung. Ich glaube, der Aufenthalt am Grat war viel schlimmer wie in den Lawinen in der Wand. Ich habe sie bewundert, wie sie standhielten mit den eingefrorenen Gesichtern und Augen und sorgfältigst alle Kommandos von unten, die sie erreichen konnten, ausführten. Ich schickte Leute mit der Botschaft der glücklichen Rettung ins Tal. Dann half ich mit beim Aufziehen. Nun hingen gleich vier Mann – die beiden Frey, Schmaderer und Kurz – am Seil. Wir waren froh, als sie heroben waren. Über die Geretteten wurde sofort ein neuer Zeltsack gestülpt, und mit unseren Körpern schützten wir sie außerdem noch vor dem Sturm. Die Zeltsäcke, die steif gefroren waren, zerrissen im Wind wie Papier. Nach kurzem Verschnaufen seilten wir die beiden Frey an. Der Abstieg konnte beginnen. Alle Mann verließen fluchtartig den Grat und den Gipfel. Es war höchste Zeit. Alle Seile, die Haken und die Karabiner, alles blieb liegen. Nun hieß es zu allererst die Menschen in Sicherheit zu bringen. Eine neue Gefahr bildete beim Abstieg über das Schönfeld die große Lawinengefahr. Mit hereinbrechender Dunkelheit erreichten alle Mann glücklich und hell den Boden des Wimbachtales. Hier herunten war es warm geworden, der Schnee war tief und weich. Wie sollten unter solchen Verhältnissen die beiden Frey schnell zur Hütte kommen, wo man mit jedem Schritt bis zu den Hüften im Schnee versank.

Es blieb nichts anderes übrig, als daß zwei Kameraden, die dann für die kurze Strecke zur Hütte weit über eine Stunde brauchten, ihre Schi hergaben, damit die beiden Frey darauf die Hütte mit möglichst geringer Anstrengung erreichen konnten. Eine Abfahrt, wie es hieß, war das nicht. Der Schnee lag tief, die Abfahrt ist sehr flach und obne Hindernisse. Wir waren froh, daß es so war. Vor der Hütte brach dann der jüngere Frey, der als erster mit mir eintraf, zusammen. Später kam der ältere in besserer Verfassung an. Anderen Tages, am Freitag, den 8. Januar, verlangte der Schlittentransport durch das Wimbachtal hinaus zur Wimbachbrücke noch allen Einsatz der schwindenden Kraft der Rettungsmänner. Riesige frische Lawinenbahnen zwangen uns zu allem Überfluß noch zu großen Umgehungen im aufgeweichten Schnee. Wie waren wir froh und glücklich, als die Wimbachbrücke erreicht war und die beiden Geretteten im Sanitätsauto lagen. Das Rettungswerk war zu Ende.

 

Thiersch und Engelmann – Variante in der Ostwand des Hochecks

Watzmann Hocheck (2669 m).

Einstieg zur direkten Ostwand am 18. Dezember 1932 durch (F. Engelmann) und F. Thiersch.

In der Ostwand des Hocheck bildet eine riesige Schichten-Verwerfungslinie sofort den Anhalt für einen idealen Durchstieg. Die oberen zwei Drittel wurden von J. Aschauer und Bugl erstmals begangen, dieser neue Einstieg führt durch das unterste Drittel und kommt dann über leichtes Gelände zu der bereits bekannten Route von Aschauer. Vom Lawinen-Kegel am untersten Ende der Verwerfungslinie auf- und absteigend nach links, über den Grund der Verwerfung 15 m hinüber. Über die hier ansetzenden steilen Platten 20 m nach rechts hinauf und auf einer Rampe etwas abwärts nach rechts in den Grund der Verwerfung. Über den hier ansetzenden Überhang hinauf und dann über etwas leichteres Gelände und unter Umgehen der schwierigen Stellen im Grund der Verwerfung durch geringes Ausweichen nach links, hinauf auf das leichte Gelände unter den oberen zwei Drittel der Verwerfung. Durch Winkel und Kamine hinauf an den Beginn der Schwierigkeiten und weiter wie in „Zellers Führer durch die Berchtesgadener Alpen“.

Zeitaufwand etwa 1 ½ Stunden.

Wetterumschwung – Tod in der Ostwand

Salzburger Volksblatt, 22.06.1922

Das Drama auf dem Watzmann

Wie gestern gemeldet, hat der Watzmann am Sonntag mehrere Todesopfer gefordert, und zwar wurden zwei getrennte Partien, die über die Watzmann-Ostwand dem Gipfel zustrebten, durch das Unwetter besiegt. Die erste Partie, die trotz des schlechten Wetters schon um 3 Uhr früh von St. Bartholomä am Königssee aufbrach, um den Aufstieg über die  Watzmann-Ostwand, eine der schwierigsten Kletterpartien in den Berchtesgadener Kalkalpen, zu unternehmen, bestand aus dem Kaufmann Josef Aschauer aus Berchtesgaden, dem 21-jährigen Angestellten der Einkaufsgenossenschaft Berchtesgaden Josef Stangassinger, dem gleichaltrigen Bautechniker Karl Diensthuber aus München und dem Bauschüler Wilhelm Pöhlmann von dort. Die vier erreichten trotz des inzwischen eingetretenen Witterungsumschlages unter unsäglichen Anstrengungen, im Schnee und Regen vorwärts tastend, die letzte Steilwand vor dem Watzmanngrat, als Diensthuber nachmittags halb 4 Uhr infolge der Überanstrengung nicht mehr weiterkonnte und erschöpft zusammenbrach. Er war an Herzlähmung gestorben, seine Kameraden konnten sich selbst nur mühsam weiterschleppen und mußten die Leiche liegen lassen. Am Watzmanngrat war der Schneesturm noch fürchterlicher, die Touristen waren nicht mehr in der Lage, ihre Rucksäcke zu öffnen, da ihre Glieder gefroren waren. Durch wiederholte Stürze erlitten sie kleinere Verletzungen, die sie sich nicht mehr verbinden konnten, so daß sie arg zerschunden in eisiger Kälte weiterirren mußten, hinab zum Hocheck und dem Münchner Haus zu. Da stürzte auch nächst dem Hocheck der junge Stangassinger, ums ich, zu Tode erschöpft, nicht wieder zu erheben. Aschauer blieb bei ihm. Pöhlmann suchte abwärts zu steigen. Der weiße Tod forderte sein zweites Opfer: Stangassinger starb gegen Abend an Überanstrengung, auch waren ihm die verletzten Gliedmaßen bereits erfroren. Aschauer, touristisch und gesundheitlich noch in halbwegs guter Verfassung, aber auch stark er schöpft, hatte die Knie und Füße erfroren. Er unternahm, seiner drei Freunde ledig, allein den Abstieg und erreichte auch glücklich das Watzmannhaus.

Kurz nach Aufbruch der vier jungen Leute, gegen 4 Uhr früh, hatte eine weitere Partie von drei Mitgliedern der Akademischen Sektion München, der bekannte Alpinist Otto LeixI, Dipl. -Ing. aus München, Dr. F. Kaußler aus Landau in der Pfalz, 24 Jahre alt, und der 23-jährige Dr. Karl Ehrensperger aus Traunstein, von Bartholomä aus die Watzmann-Ostwand zu ersteigen versucht. Aschauer und Pöhlmann erzählten, daß diesen der Durchweg durch die Ostwand gelungen sein mußte, denn sie wurden von ihnen 200 Meter unterhalb der Mittelspitze beobachtet. Da sie aber am Montag vermißt wurden, begab sich Montag mittags eine aus acht Mann bestehende Rettungsgesellschaft zur Suche über das Wimbachtal und Watzmannhaus nach dem Grat, wo ein Rucksack gefunden wurde, der von dieser Partie stammt. Am Dienstag fand man die Leichen der drei Touristen am „Hohen Einstieg“, kaum eine halbe Stunde oberhalb des Watzmannhauses, erfroren.  Alle drei waren von der Ostwand-Südspitze herübergewandert und brachen kurz vor dem Ziele erschöpft zusammen.

Am Dienstag trugen die Berge bis auf 1700 Meter herab Neuschnee. Schon am Samstag nachmittags ging über den östlichen Teil Berchtesgadens, die Gern, Metzenleiten, Salzberg und Au ein schweres Hagelwetter nieder, so daß am Sonntag noch Hagelkörner auf den Feldern gefunden wurden. Im Treibhaus des Distriktskrankenhauses wurden alle Fensterscheiben eingeschlagen.

Über die Katastrophe, die die Partie Leixl, Ehrensperger, Kaußler betraf, wird noch gemeldet: Sonntag früh gegen 4 Uhr machte sich trotz der ungünstigen Witterung (es herrschte dichter Nebel und der Regen fiel seit Samstagnachmittag ununterbrochen) eine Partie von drei Mitgliedern der Akademischen Sektion München, darunter der bekannte Alpinist Dr. Otto Leixl von München, aus, um von St. Bartholomä aus die Watzmann-Ostwand zu ersteigen. Aus ihrer Partie gelangten sie später in einen fürchterlichen Schneesturm, konnten aber noch unter der wackeren Führung Dr. Leixls die Südspitze erreichen. An der Mittelspitze mußten Dr. Leixl und Karl Ehrensperger den völlig erschöpften und erfrorenen Dr. Kaußler zurücklassen, um sich selbst vor Einbruch der Dunkelheit noch vor dem Tode retten zu können. Aber leider gelang ihnen auch dies nicht mehr. Eine halbe Stunde vor dem sicheren Schutz, dem Münchner Haus, am hohen Einstieg, unterhalb des Hocheck, haben auch sie die Kräfte verlassen; sie sind infolge Erschöpfung und mit erfrorenen Gliedern, ein Opfer ihrer geliebten Berge geworden. Die Leichen der beiden letzteren wurden gefunden, während Dr. Kaußler noch vermißt wird. Er dürfte aber kaum noch unter den Lebenden weilen. Lediglich sein Rucksack wurde gefunden. Die Toten werden am Mittwoch zu Tal nach Berchtesgaden gebracht. Wie Alpinisten berichten, ist es fast unglaublich, daß die Münchner Touristen bei dem furchtbaren Unwetter noch so weit gekommen sind, was nur der guten Führung des Dr. Leixl und der zähen Ausdauer zuzuschreiben ist.

Salzburger Volksblatt, 28.06.1922

Das Unglück auf dem Watzmann

Dr. E. H. berichtet in der „M. A. A.“, daß nach dem Berichte des überlebenden Herrn Aschauer-Berchtesgaden sich das Drama auf dem Watzmann in folgender Weife abgespielt haben dürfte.

Am Samstag, den 7. Juni, abends trafen sich in St. Bartholomä zwei Partien, die eine bestehend aus den Herren Aschauer, Diensthuber, Pöhlmann und Stanggassinger, die andere aus drei Mitgliedern der Akademischen Sektion München, den Herren O. Leixl, Ehrensberger und Kaußler. Beide hatten die Absicht, die Watzmann-Ostwand zu durchklettern. Am Sonntag wurde morgens drei Uhr im Abstande von einer Viertelstunde aufgebrochen. Das Wetter schien günstig zu sein. Durch die über dem Königsee liegenden Nebel blitzten einige Sterne hindurch. Vom alten Biwakplatz an gingen die beiden Partien gemeinsam. Unterhalb der „Schöllhornplatte“ fiel Nebel ein und es begann zu regnen. Trotzdem wurde die Platte ohne Schwierigkeit überwunden und um 7 Uhr das „Zellerloch“ erreicht. In dieser Höhle wurde gerastet, trockene Kleidung angezogen und abgekocht. Die schon ins Auge gefaßte Umkehr wurde aufgegeben, als um 9 Uhr, der Regen aufhörte, die Sonne herauskam und die Wand frei da lag. Um 11 Uhr wurde der „Frühstückstein“ am vierten Band erreicht. Hier fiel wieder Nebel ein, der allmählich in Dauerregen überging. Um 12 ½ Uhr wurde die Gratrippe erreicht, die gerade auf den Südgipfel leitet. Hier vergrößerte sich der Abstand beider Partien, da Dr. Kaußler, der an diesiem Tage in seiner Leistungsfähigkeit anscheinend beeinträchtigt war, von seinen Begleitern gesichert und unterstützt werden mußte. Leixl veranlaßte aber Aschauer, weiter zu gehen und nicht zu warten. Gegen den Gipfel zu ging der Regen in Schnee über, der aber an der warmen, im Windschatten liegenden Wand nicht liegen blieb. Um 3 ½ Uhr erreichte Aschauer, der im letzten Teile Diensthuber hatte ziehen müssen, mit seinen Begleitern den Südgipfel.

Von nun an waren sie der Gewalt des Schneesturms ausgesetzt, die Felsen waren mit Glatteis überzogen, die Tiefe des Schnees wuchs rasch an. Aschauer rieb den erschöpften Diensthuber ab, zog ihm warme Kleider an und gab ihm zu essen, so daß er zunächst wieder ganz gut weiter kam. Während dieser Zeit verständigte sich Aschauer durch Hallohrufe mit Leixl, der schätzungsweise 200 Meter, also etwa eine halbe Stunde, unter ihm war. Beim Aufstieg aus den Mittelgipfel wurde Diensthuber wieder schwach und mußte von Aschauer und Stanggassinger durch den „Kamin“ gezogen und gehoben werden. Auf dem Bande oberhalb des Kamins wurde Diensthuber bewußtlos, wehrte sich aber gegen die Versuche Aschauers und Stanggassingers, ihn zu tragen. Nun wurde Pöhlmann von Aschauer auf das Watzmannhaus vorausgeschickt, um Hilfe auf das Hocheckhüttl zu bringen. (5.45 Uhr.)

Nach vergeblichen Versuchen seiner Gefährten, ihn am Leben zu erhalten, starb Diensthuber um 6 Uhr. Stanggassinger hatte sich bei den Bemühungen um Diensthuber so überanstrengt und wurde durch den Tod seines Freundes so erschüttert, daß ihn Aschauer von nun an ziehen und schieben mußte.

So brachte er ihn etwa bis auf 100 Meter vor dem Hocheckhüttel. (7.15 Uhr.) Hier mußte er ihn liegen lassen und blieb bei ihm. Um 7 ½ Uhr starb Stanggassinger. Aschauer band die Leiche, wie vorher die von Diensthuber, an das Drahtseil an. Aschauer schleppte sich dann auf das Hocheck und stieg zum Watzmannhaus ab.

Kurz vor diesem traf er den Bewirtschafter Gschoßmann und einen Träger, die mit Decken und warmen Getränken zum Hocheckhüttl anstiegen. (8 ½ Uhr.) Da er im Hinblick auf die außerordentlich lange Zeit, die er wegen des Todes seiner beiden Begleiter für den Gratübergang gebraucht hatte,  annehmen mußte, daß die Partie Leixl bei Einschlagen des gleichen Weges ihn hätte überholen müssen, glaubte er, daß diese vom Südgipfel in das Wimbachgries abgestiegen sei und veranlaßte Gschoßmann zur Umkehr.

Am Montag wurden von Berchtesgadener Herren unter Leitung von Herrn Geiger die Leichen von Diensthuber und Stanggassinger bei tiefem Schnee geborgen. Dabei wurde der Rucksack des Dr. Kaußler an der Stelle, wo Diensthuber gestorben war, am Drahtseil angehängt gefunden. Am Dienstag vormittag wurden die Leichen von Ehrensberger und  Leixl eine halbe Stunde oberhalb des Watzmannhaufes, wenige Meter unter dem Grat, auf dessen Ostseite auf einem Bande  nebeneinander liegend gefunden. Sie wiesen keinerlei  Verletzung auf. Kleidung und Ausrüstung waren in gutem, ordentlichen Zustande. Die beiden Freunde scheinen bei einer kurzen Rast eingeschlafen zu sein. Am Mittwoch wurden sie von Mitgliedern der Akademischen Sektion, die zur Bergung zahlreich aus München herbeigeeilt waren, zu Tal gebracht.

Weitere Mitglieder durchforschten mit den Berchtesgadener Herren Aschauer, Geiger und Kurz den Grat nach Dr. Kaußler, jedoch ohne Erfolg.

Hoch anzuerkennen ist die selbstlose und opferwillige Mitarbeit der Berchtesgadener Bergsteiger.

 

Mit Josef Aschauer und Elisabeth Dabelstein auf der Wiederroute

Mitteilungen des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins, 1924

Die Wieder-Route

Von Elisabeth Dabelstein

 

Mit edeln Purpurröten

Und hellem Amselschlag,

Mit Rosen und mit Flöten

Stolziert der junge Tag!

F. Mener.

 

Ich stand am Herd und schaute der Mutter des Freundes zu, wie sie den Tee für unsere Feldflaschen mit Zucker und Rum würzte. Er selbst lehnte in der offenen Hoftür und prüfte beim letzten Licht des versinkenden Sommertages langsam und sorgfältig das Seil, das in diesem Jahr zum ersten Mal wieder benutzt werden sollte und das mir bekannt und gewohnt genug geworden war.

„Mei,“ seufzte die Mutter auf, „i weiß halt nimmer, was i dazu sagen soll — immer und immer gehts Ihr auf die Berg und allweil die wildesten müssens sein!“

Ich selbst wußte auch nicht, was ich dazu sagen sollte. Es war so behaglich gewesen, all diese letzte Zeit, wo ich allein im Hagengebirge herumgestrolcht und dann in die Hochkaltergruppe hinübergewechselt war. Aber mit dieser Behaglichkeit würde es nun vorbei sein, und nebenbei gesagt, es war gar nicht auszudenken, wie der Tag morgen verlaufen sollte, denn der Freund schwieg sich über Genaueres von unserem Ziel hartnäckig aus und sagte mir: „Ich führ Dich schon an ein schönes Platzerl!“ Irgendwo zwischen Himmel und Erde.

Schön, ja, das mußte ich selbst an diesem verzagten Abend zugeben, schön waren seine Patzerl allerdings.

„Weißt Beppi, i glaub fast, die Lili hat so recht keinen Schwung.“ fuhr die Mutter fort.

Joseph hob seinen Krauskopf und sah kritisch hinüber. „Dös war a Schlager, kein Schwung nicht!“ spottete er.

„Bleibts daheim und rastets aus!“ sagte sie, aber ihr Junge erklärte unumstößlich:

„Na, Muader, dös geht nicht. Aufi müssen mir, da kannst nix machen.“

Aufseufzend schraubte sie die Flaschen zu und schickte uns hinüber ins kleine Landhaus, wo mein Stübchen gegenüber dem der Söhne des Hauses lag. Wir packten das letzte in die Rucksäcke, und als wir uns schon niedergelegt hatten, kam die liebe Frau noch und stellte uns einen Rudel zum Frühstück bereit.

Es war vor drei Uhr und noch tiefdunkle Nacht, als wir dann vor eben diesem Rudel saßen. Entsetzlich schnarrend hatte der Wecker geraffelt, hohläugig hatte mich die ungelöste Frage dieses Tages angestarrt, als ich den Freund mit sanftem Puff geweckt hatte. Nun brodelte der Tee auf dem Spirituskocher und der Junge aß in Gemütsruhe eine Scheibe Rudel mit Marmelade nach der andern — nachts um 3 Uhr, wenn man noch halb schläft, wie kann man es nur? —

Wir waren fertig. Ueber den kleinen Hof und durch den Gang, den ein fast venezianisch anmutender Bogen überwölbt, an der Schnitzwerkstätte vorbei, traten wir auf die stillen Straßen Berchtesgadens hinaus. Jetzt waren sie einmal frei von all dem vielen fremden Volk, das sich hier sonst bewegt und mit seiner Buntheit nicht in das Bild solches Alpenstädtchens paßt, so frei wie sonst nur im späten Herbst und ersten Frühling, den wir darum liebten.

Letzte Sterne über einem Sommermorgen und Wandertag scheinen uns immer selten klar und leuchtend zu sein, und an diesem Tag waren sie es noch ganz besonders. Sie blinzelten freundlich zu diesen zwei Menschen hinab, deren rascher Schritt in so gutem Takt zueinander klang, die sich so gut kannten, daß jenes Schweigen zwischen ihnen war, das aus selbstverständlicher Kameradschaft entspringt. Und als die Sternlein sahen, daß es stetig vorwärts ging und es nichts weiter zu beobachten gab, da erloschen sie und überließen die Herrschaft dem sich mählich nähernden Tagesgestirn.

Die Nebel über der Königseer Ache hingen noch dicht, und ihr Wasser sah an diesem frühen Morgen so kalt aus, daß wir unwillkürlich zusammenschauerten und schneller gingen. Aber es wandert sich köstlich, wenn so ein sprudelnder Bach an unserer Seite sein Lied plätschert von der Höhe dort oben, aus der er kam, von der Ebene in der Ferne, zu der er will und von deren Trostlosigkeit der muntere Gesell so wenig weiß wie wir von den Jahren, die vor uns liegen — nun, froh wollen wir sein, daß wenigstens heute unser Weg die umgekehrte Richtung hat!

Ein fleißiges Bäuerlein steht in seiner nassen Wiese und beginnt zu mähen. Ich will daraufhin etwas Landwirtschaftliches zu meinem Freunde sagen, aber ich kann mich nicht aufraffen, und die Dinge ringsum reden auch so eindringlich mit mir, daß ich sie nicht unterbrechen kann. Da ist eine Bank, auf der einst zwei Leutchen zu sitzen pflegten, die jetzt nicht mehr beieinander sind. Und da ist inmitten blumenreichster Matten ein trauliches, weißes Haus, in dem nicht das Glück, bewahre, in dem eine ältere Schulvorsteherin wohnt, die Schuld daran hat, daß diese Bank jetzt leer bleibt. Ich kann ein Lachen nicht unterdrücken — was zwitschert doch die Meise auf jenem Buchenast dort? Wahrhaftig: „’s kommt wieder, ’s kommt wieder, bald, bald, bald.“ Nun, das muß ich Joseph denn doch erzählen, zumal er am Ende an der Sache beteiligt sein könnte!

Die Schönau liegt hinter uns, und gleich darauf nimmt unser Wog einen so mutigen Anlauf hinauf gen Herrenroint, daß uns die ersten Schweißtropfen auf die Stirn treten. Man kann es wohl kaum schildern, dies fröhliche Steigen dem jungen Tag entgegen — wie da die Kraft im wohlgeübten Körper erwacht und im mühelosem Spiel Höhe gewonnen wird. Nur in ein paar Liedern klingts an und da

jauchze ich hinaus, wie es mir gerade kommt:

Wir wollen zu zweit ausfahren

Ueber die Berge weit,

Jenseits zu den klaren

Gipfeln der Seligkeit! —

Hier auf diesem Wege zum Watzmann gibt es ein kleines Fleckchen, das wiederzusehen mich jedesmal unendlich erfreut, und das zu dem Lieblichsten gehört, was ich in den Alpen überhaupt getroffen habe. Eine Bergwiese ists, schon ziemlich weit oben, von machtvollen, dunklen Fichten umstanden, sanft geneigt und von verlorener Einsamkeit, da die gewöhnlichen Anstiegswege sie nicht berühren. Die langen, üppigen Halme dieses Grasteppichs kennen scheinbar keine Sensen und wiegen ihre schlanken Aehren sorglos im Morgenwind. Hier scheinen die Blumen niemals aufzuhören zu blühen und immer, wenn Ich drüberhin ging, in der Morgenstunde beim Ausstieg und abends zur Heimkehr, lag Tau auf ihr, so rein und frisch, daß ich auch jetzt wieder die Hände nah davon werden lasse und sie so gekühlt gegen mein heißes Gesicht drücke. Ich möchte einmal einen langen, törichten Tag über auf ihrem Grunde liegen und zusehen, wie die steigende Sonne die Tautröpfchen wegküsst, wie die Falter über ihre Blüten taumeln und die Schlange, schillernd und sündhaft schön, lautlos übers Moos gleitet. Ich werde den Duft der Tannen atmen und den Ruf des Kuckucks zählen. Und wenn ich satt wäre von all der kleinen Lieblichkeit, dann würde ich hinübersehen zu all den gewaltigen Bergen, die der Blick von hier schon frei erreicht. Der Untersberg, der alte Märchenerzähler, blaut inmitten des weiten Tales, und Göll und Brett winken zu ihm herüber, daß das Zauberreich ihrer Felsen dem Bergsteiger noch wunderbarere Tore öffnet, als fein Schoß einst dem sterbenden Kaiser Karl.

Nach Süden zu schließt sich das Hagengebirge an, in lauter, grauen, ebenmäßig gestalteten Formen, die ihre ganze Schönheit für den Schiläufer aufbewahren. Ich würde müde werden von all dem Schauen, und eh ichs denke, liegt Mondnacht über meiner Wiese, ein Reh zieht äsend herüber, und wieder, fällt der Tau. Wenn ich einst älter bin, will ich mich an dieses, Fleckchen erinnern und zu ihm hinaufsteigen und in all der stillen Feierlichkeit an die Zeit denken, wo ich flüchtig an ihr vorüberzog, so wie heute.

Kurz vor Herrenroint grüßt einmal ganz kurz zwischen den Stämmen des Hochwalds die Schönfeld spitze herüber, und ich gehe nie vorbei, ohne auf sie zu achten, war sie doch mit ihrer, schlanken, formenschönen Pyramide der Lieblingsberg meiner, ersten Wanderjahre hier. Bei der Jagdhütte dann kommen wir zuerst in den vollen Sonnenschein des strahlend schönen Morgens. Die Felsen des Großen und Kleinen Watzmann rücken uns näher und wirken in dieser starken Verkürzung fast ein wenig plump und tölpelhaft. Aber gleich darauf nimmt uns der Wald wieder auf, der sich erst bei den Almen von Kühroint lichtet. Glockengeläut, träge sich erhebende Kühe und über den Hütten aufsteigender blauer Rauch kann uns, nicht verlocken, den raschen Schritt zu hemmen. Wir sind vernarrt alle beide, in die bleichgrauen Felsen des Watzmann, der hier schon bedeutend mehr von seinen Riesenwänden enthüllt als in Herrenroint.

Immerhin ists noch ein gutes Stück, bis wir vom Verbindungsweg nach Mitterkaser scharf links abbiegend und dann lange — zuerst noch durch schütteren Wald — steil ansteigend, den unteren Blockwall des Kars erreichen, wo wir uns nach drei Stunden scharfen Marsches zu einer Rast, die nur kurz war — denn hierher dringt noch kein wärmender Sonnenstrahl und wir zittern bald vor Kälte — mitten in Felder blühender Alpenrosen ausstrecken. Der Freund hebt lächelnd hervor, wie gut es ihm taugt, daß nun wieder jemand bei ihm ist, der die Butterbröte für ihn zurecht macht! Ueber diese realistische Erwägung schleicht sich unversehens eine kleine Traurigkeit ein und setzt sich da nieder, wo die beiden andern sonst zu sitzen pflegten, wenn wir hier rasteten. Denn vier Kameraden sind wir gewesen — der eine schnürte sein Ränzlein und grüßt nun nach altem deutschen Brauch in einer Hansestadt das Handwerk: die andere, deren goldbraune Augen immer solch merkwürdige Verwirrung im alpinen Tatendrang meines Freundes, solch Verlangen nach vielen und langen Rasten auszulösen pflegten, ist unausdenkbar fern, mehr als der halbe Kontinent liegt zwischen uns und ihr. Nun, komm, wir, zwei, die wir zurückgeblieben sind, wir wollen dennoch den sonnigen Tag genießen wie einst!

Wir rücken nun mehr und mehr zwischen jene unsagbar gewaltigen Mauern, die aus stolzer Höhe jählings zum schutterfüllten Boden des Watzmannkars abstürzen. Zu unserer Linken baut sich die Westwand des Kleinen Watzmann fast in einer einzigen Plattenflucht völlig senkrecht empor. Sie liegt im Schatten und scheint eisigen Hauch auszuatmen, der das Düstern, das ihr eignet, doch hervorhebt. Er ist ein wilder, und eigensinniger Bursche, dieser „Kleine“, und wer ihn nur über seinen gutmütigen Nordgrat bestieg, auf den Latschengassen und Moospolster sonst hinaufleiten, der ahnt nicht, wie kalt und böse er ins Kar hineindroht und welch dämonisch lockende Aufgabe er dem Kletterer stellt, der es nicht lassen kann, die naßglatten Gesimse, die bauchigen Ueberhänge und die in die dicken Kalkbankungen sich einstemmenden, dunkel trotzigen Kamine mit den Augen zu suchen, aneinander reihen, bis er es eines Tages nicht mehr erträgt und hinauf und hindurch muss wie einst mein Freund, der sie als erster in der Fallinie des Gipfels durchstieg und mit dem ich noch nie hier vorbeiging, ohne daß wir stehenblieben und hinauf starrten und zu tiefst empfanden: welch ein Weg!

Zur rechten erstrecken sich in der reichen Fülle ihrer majestätischen Bergschönheit die Ostwände des Großen Watzmann, in edler Linienführung gewinnt der Berg vom Watzmann Haus seine Höhe am Hocheck und führt seinen wuchtigen und zerklüfteten Grat über 1000 Meter weit bis zur Südspitze, um erst hier in der Schönfeldschneid sich wieder zu senken. Zwei Drittel der so begrenzten enormen Flanken fallen ins Kar ab, das südliche Drittel dagegen wirft sich ohne Unterbrechung und Absatz 2000 Meter tief zur Eiskapelle hinab und bildet die Östwand im engeren Sinn die durch den Anstieg von Bartholomä ihre wilde Berühmtheit erworben hat. Dieser Teil ist vom Kar selbst aus nicht übersehbar, dagegen zeigen sich die Abstürze vom Watzmannhaus an bis südlich über die Mittelspitz hinaus so ausbauend und so gewaltig, daß man an ihrem Bau herumrätselt, ohne doch einen Ueberblick zu gewinnen.

Zwischen Haus und Hocheck werden sie durch ungeheure Plattenlaqer charakterisiert, deren bleiches Grau von einem dünnen Geäder schmaler, schwarzer Erosionsrinnen überwogen wird Zwei kleine Dauben überragen sie, nur einem scharfen Auge von hier aus erkennbar — ein schlichtes und dochberedtes Denkmal, für die, die bis in den Tod getreu waren.

Unbegreiflich an diesem Sonnentag ist meinem Freund die Erinnerung an Schneesturm und Kälte, die sie hervorrufen und deren Widerschein augenblickslang seine Züge verdunkelt.

Unter dem Hocheck durchsetzt eine Reihe tiefer Kamine die Wand, die sich teilweise schluchtartig nach unten erweitern und in ihrer hochtypischen Art in dieser an Mannigfaltigkeit der Formation doch überreichen Wand einzig sind. Wendet sich der Blick südwärts, so ist es ein Riesen-Band, nach dem Erstbegeher Wieder-Band genannt, das ihn sofort gefangennimmt und bezaubert. Von Norden nach Süden ansteigend, zieht es breit und mächtig durch die unermeßliche Mauer, und Schneeauflagerungen, die in den meisten Sommern nicht abtauen, betonen durch ihr schimmerndes Weiß noch seine ununterbrochene Länge. Wem bei seinem Anblick nicht das Herz schneller schlägt in dem jähen Verlangen, darüberhin zu steigen, der trank noch nie den Atem des Felsens.

Zwischen diesen beiden Wällen nun hocken im Firn des Gletschers vor uns jene fünf prächtigen Felsklötze, die „Watzmannskinder“. Bei dem Gerippe einer Wettertanne, das da, wo die scharfkantigen Felsenblöcke längst alles Pflanzenleben zurückgedrängt haben, noch vereinsamt emporragt, gewinnt man den ersten Blick auf sie. Dominierend zeigt sich dem überraschten Steiger hier plötzlich das schmale und schöne Felisenriff der  Watzmannjungfrau (4. Kind), dem Ankommenden seinen messerscharfen Bug, den Nordgrat, zukehrend. Wie sie uns eine alte Liebe aus vergangenen glücklichen Wandertagen ist, so ihre beiden kleineren Nebengipfel (3. und 5. Kind), die sich auch zu dieser Jahreszeit tief unter den Firn ducken, aus schneefroher Schizeit. Nach links hin (Osten) stellen die zerrissenen Zacken des 2. und 1. Kindes die Verbindung mit dem Kleinen Watzmann her, während sich nach rechts (Westen) Mischen 3. Kind und Ostwand in sanftem Bogen eine Scharte spannt, deren Schnee geradezu blendend vor dem tiefen Blau des Himmels steht.

Und über der Wildheit all dieser Gipfel, Grate und Wände, über den Geröllhalden und den weiten Schneefeldern liegt, beruhigend wie eine weiche, zärtliche Hand, die Stille des einsamsten Hochgebirges.

Wir standen am Saum des Firns, als mein Freund sich zu mir wandte und lachte:

„So, Du. Ostwand, Kleine Watzmann-Westwand oder Überschreitung der Kinder, jetzt such Dir aus.“

Die Zaghaftigkeit von gestern Abend überfiel mich hinterrücks.

„Weißt Du,“ schlug ich vor, „ich bleib halt hier und schau Dir zu, wie Du kletterst und geh ein bißchen zur Scharte hinauf“.

„Ja. gibt’s denn dös al“ höhnte er. „Moanst, das tat mi freuen? I alloan? Ja was tut er denn!“

„Ich zwing’s am Ende nicht. Beppi,“ sagte ich kleinlaut.

„A, Schmarrn, da fehlt nix, das sag Dir i. Also?“ war die ganze Antwort.

Was halfs, ich mußte Umschau halten wie weiland der alte Hesekiel unter den Töchtern Israels. War es ein Wunder, daß sie in ihrem Mantel von Sonnenglanz, durch jene Schneestreifen so zierlich verbrämt, mit ihrer stolzen und erdabgewandten Gebärde, sie, die Watzmann-Ostwadb, mir als das Köstlichste ringsum erschien? Und dann jenes herrliche Band, wie konnte ichs nur vergessen! „Die Wieder-Route!“ bat ich den Jungen, der alte Bergherrlichkeit zu verschenken hatte. Mit einem Schlage versank das letzte Bedenken, und jene starke Freude, die allen Sieg in sich trägt, verband uns wieder, wie sie es noch auf allen Türen getan hatte.

Wir hielten uns nun mehr nach rechts. Die Steilheit der langen Schneehänge nahm rasch zu.

„Kannst Di hier noch derfangen, wenn’s abi geht?“ Ich meinte es wohl und gab auch keine Veranlassung zu derartigen Reflexionen. Dennoch seilten wir an, als wir uns über einer Randkluft bewegten, und ich erkannte darin meines Freundes alte Gewissenhaftigkeit wieder, die jedoch niemals irgendwie die Ueberlegenheit andeutet, aus der sie erwächst.

Ich wußte nun wieder, daß niemand meine besten Kräfte so wachrufen imstande ist wie dieser junge Mensch, und unbegreiflich war mir die leise Angst, die mich noch gestern vor der Kühnheit seiner Wege erfüllte. Wir sprachen noch niemals von diesen Dingen miteinander, aber ich denke, sie sind ihm bewußt wie mir, denn man lernt sich kennen am Berg, bis ins letzte. Und der frohe Blick zum andern hinüber und der feste Händedruck, die haben ihre tiefen und guten Gründe.

Der Einstieg zu unserer Route, die vom Ansatz der Wand im Kar direkt zur Mittelspitze hinaufführt und somit einen Höhenunterschied von 800 Meter in strenger Felsarbeit überwindet, befindet sich ziemlich verdeckt in einer Schlucht, die man vielleicht am ehesten an ihrem rötlichen Gestein und ihrer süd-nördlichen Richtung — man hat die Wand also zur linken — erkennt. Das Gestein ist gut gestuft, aber von Geröllauflagerungen nicht ganz frei. Man gewinnt rasch an Höhe, von der man jedoch ein wenig aufgeben muß, um über plattigen Fels, der heute naß war, den Beginn des Bandes zu erreichen, das über uns in umgekehrter Richtung emporführt. Hier kam ein breiter Strahl Schmelzwasser aus großer Höhe mit solcher Gewalt herabgedonnert, daß wir nur mit Müh? in ihm unsere Flaschen auffüllen konnten, und ich mir einige Schelte wegen naßgewordener Kletterschuhe holte.

Mir schlug das Herz laut vor Freude und Erwartung, als wir jetzt, nach der Wendung südwärts und Ueberwindung einiger luftiger Steilstufen, das Band betraten. Und wirklich, ich weiß nichts, was ich der Eigenart und der Macht dieser Szenerie vergleichend an die Seite stellen kann. Bis zu 40 Meter breit, von einigen tiefgekerbten, seltsam verästelten Kannelüren überspannen, völlig glatt, ohne jede Steigung nach außen, steigt dieses Band ohne Unterbrechung durch die Wand empor. So wie ein edles Thema durch alle Sätze einer Symphonie geht, so wie ein starker Wille schlicht durch die Wirrsal des Lebens führt, so leitet dieses Band hinauf. Es haftet der Landschaft etwas Heroisches an. und wollte man es versuchen, ihr Bild in Worte zu spannen, so würde man unwillkürlich ein schweres und feierliches Versmaß, eine alte und klassische Sprache wählen. Uns segnete die Sonne den Weg. Sie ließ die mächtigen Schneewälle, die noch im Winkel der Wand lagen und uns stellenweise bis scharf an die Kante drängten, in weißer Pracht aufleuchten. Sie machte das Gestein so bleich und eintönig, daß es sich kaum abhob vom Schnee. Zuerst tastete der weichbesohlte Fuß zögernd auf den Platten, bald aber gewöhnte er sich an diese scheinbare Haltlosigkeit und vertraute den kleinen Rauhheiten, die das Auge nicht mehr wahrnimmt. Hand in Hand gehen wir mühelos nebeneinander empor, ohne Worte und hingegeben an die Erhabenheit unseres Weges.

Er findet sein Ende an einem Turm („Bandwächter“), der — zierlich und fast wie künstlich aufgerichtet — einer Hermessäule an griechischer Straße gleicht. Nun links von ihm über die senkrechte Wand in köstlichster Kletterarbeit empor und man stößt bald auf einen Steinmann, der in einer alten Blechdose die Karten der Ersteiger enthält. Sie waren völlig durchnäßt und von braunem Rost überzogen. Da wir hier rasteten, hatten wir Muße genug, sie sorgfältig zu trocknen und ihr Datum abzulesen. K. Wieder (Salzburg) führte den Anstieg am 29. Mai 1923 unter erschwerenden Umständen mit H. Lapuch zum ersten Mal durch und wiederholte ihn dann am 17. Juli 1921 mit drei anderen Begleitern. Die nächste Durchsteigung erfolgte am 31. Juli 1921 durch Aschauer, eben meinem Gefährten, mit dem Berchtesgadener Schelle. Wir konnten nicht alles entziffern, obwohl wir uns viel Mühe gaben, um festzustellen, wie oft die Wand in den drei Jahren ihrer Erschließung begangen worden ist. Nach dem, was wir herauslesen konnten, handelte es sich heute um das 7., höchstens 10. Mal, was in Anbetracht der überragenden Schonheit dieser Wand, ihrer bequemen Lage und ihrer klettertechnisch äußerst günstigen Struktur erstaunlich gering ist.

Vielleicht liegt es daran, daß die benachbarte Bartholomäwand sie in den Schatten stellt, aber doch wohl zu unrecht, denn wenn auch die Länge derselben dieser ohne Weiteres den Vorrang als alpine Leistung sichert, so trägt doch die Kletterei, von einigen wenigen schwierigeren Stellen in der Bartholomä-Wand abgesehen, naturgemäß denselben Charakter. Und was, die landschaftliche Schönheit betrifft, so waren der Freund und ich uns darin einig, daß es uns ganz unmöglich sei, der einen oder der andern den Preis zu erteilen. Gewiß ist der Tiefblick beim Bartholomäweg ein größerer, dafür hat man aber hier zu seinen Füßen den schimmernden Gletscher, mit dessen Weihe und prachtvoller Ausdehnung der schmutzige Firn der Eiskapelle am Rande der Wälder von Bartholomä nicht wetteifern kann. Ja. hier hat man noch den gewaltigen Blick in die ungeheure Wandflucht der Südspitze, der, wenn man sich in ihr selbst befindet, in den nächsten Wellen von Fels hängen bleibt, durch die man sich emporringt.

Ein leichter tänzelnder Wind gesellte sich zu uns, als wir nun weiterstiegen und milderte die Glut der Mittagsstunden, in der es mehr und mehr schwül lauerte. Es war so froh, so leichtgemut, dieses Klimmen im Fels, und obwohl ich es lange kenne, entzückte mich die Sicherheit, mit der mein Kamerad kletterte, doch wieder aufs neue. In seinen Bewegungen war jene Mühelosigkeit und Feinheit, die nur organisch werden und wachsen kann. Mit langausgreifenden ruhigen Bewegungen wurde er der schwersten Stellen Herr und die unbegreifliche Grazie, mit der er sie überwand, hätte mich wohl manches Mal über die Natur dieser Stellen getäuscht, wäre er dann nicht stehen geblieben, um sichernd das Seil einzuziehen. Er hatte eine eigene Art, die Hände behutsam auf das Gestein zu legen, um sich kaum merkbar in seichten Rillen zu verklammern, fast wie Streicheln war es. Niemals entstand die bange Frage, ob das Ziel unser würde — das stand ‚ganz außer Zweifel. Nirgends ward unser Weg zu jenem verbissenen und trotzigen Ringen, das den Berg wie einen Feind bezwingt. Wohl war es immer noch redlicher Kampf, wohl leuchte die Luft oft schwer in meinen ausgepumpten Lungen, aber es blieb genug Freiheit, sich der kleinen vereinzelten Blüte zu erfreuen, die ihr zartes Köpfchen in einer Ritze wiegt; genug, um dem huschenden Flug der Gipfeldohlen nachzusehen, genug auch, um den dürstenden Blick in die Weite der Berge hinauszusenden. Die Zeit steht uns still, und jede Unrast verklingt: alles was uns groß und begehrenswert dünkt, ist unser.

Den langen Quergängen, aus denen sich die untere Anstiegshälfte bewegt, folgt in der oberen eine mehr direkte Richtung. Man hält sich vorwiegend in einer seichten Schlucht in der Fallinie des Gipfels. Da er ein „Vielbesuchter“ ist, so ergibt sich für den „Ostwandler“ das zweifelhafte Vergnügen, üppig wuchernder Steinschlaggefahr. Aber auch durch die menschenfernen Teile der Wand hörten wir mehrfach lange und schwere Schläge gehen.

Nicht ganz unerwartet — denn sie hatte schon ins Kar zu uns herabgefunkelt — sahen wir uns dann plötzlich einer Schneewand von solcher Steilheit und so grauenvoller Ausgesetztheit gegenüber, daß wir augenblicks lang zögerten — wir waren ohne Pickel. Dann wechselten wir das Fußzeug, klemmten uns vorsichtig auf die kaum handbreite, nasse Felskante, die zwischen Schneerand und senkrechter Tiefe das einzige war, was an festem Boden blieb und sahen empor. Der Freund griff noch einmal prüfend an den Seilknoten auf seiner Brust und begann, ganz gerade aufzusteigen. Er hieb in kraftvollen Stößen die Füße fest ein, aber der Schnee war naß und breiig. Große Stücke flogen zischend in den freien Raum hinaus. Da war es ein Gedanke, der mich brennend schmerzhaft durchzog: nicht, daß, wenn der Schnee unter dem Freund vollends ausbrach, ich, da ich ihn nicht würde halten können, an sein Schicksal gebunden war, o nein, aber daß alle, die ihn verloren, ohne Weiteres glauben würden, ich habe es durch mein geringeres Können verursacht, das bereitete mir eine so bittere Qual, wie sie unsere Phantasie nur in Augenblicken höchster Nervenanspannung entstehen läßt. Viel Zeit hatte ich jedoch nicht. In den guten Spuren des Freundes, den leichten Seildruck wie tröstend Empfindend, folgte ich ihm nach. Fast berührte das Gesicht den Schnee, so groß war die Steigung des Hanges, und der gesenkte Blick fiel an den Füßen vorbei, ohne Hemmung Hunderte von Metern hinab ins Kar und hinüber in den selig blauen Himmel. Es waren nur zwei Seillängen.

Dieser blaue Himmel aber hatte uns noch ein seltenes und fesselndes Abenteuer zugedacht, das unseren schönheitstrunkenen Weg mit knisterndem Flammenspiel krönen sollte.

Keine Wolke war zu sehen, kein jäher Wind nahm sich auf, nur um die höchsten Zinnen unseres Berges lag ein bläulicher Dunst, der sich mehr und mehr zu verdichten schien und wie Mittagsglut über dem Grat flirrte. Wir hatten einen steileren Wandabsatz überwunden und befanden uns auf schönen, aber trittarmen Platten etwa 30 Meter unter dem Gipfel, als, mein Gefährte plötzlich ruckartig aufschnellte und im gleichen Augenblick erregt ausrief: «Elmsfeuer!“ An die Lebhaftigkeit seiner Aeußerungen gewöhnt, hob ich geruhsam die Augen von meinem Griff — noch heute sehe ich diese Rille im Plattengrund vor mir! —, um nach dem Gipfelkreuz auszuspähen, da ich annahm, sein Ausruf bezöge sich auf dieses. Aber es, war noch nicht in Sicht und erst als ich in das erschrockene, Gesicht des Freundes sah, begriff ich, daß über dem Bergfirst eine Hochspannung lag, die durch ausströmende Elektrizität verursacht war und in deren Region wir nun gerieten. Joseph hatte beide Hände auf die nackten Schultern gepreßt, wie um einen unangenehmen Schmerz zu mildern und zum ersten Mal sah ich ihn überrascht und ratlos. „Die Jacke über!“ schrie ich ihm zu, und in Windeseile riß er sie aus dem abgeworfenen Rucksack. Ich hatte ihn inzwischen eingeholt und in dem Augenblick, als ich die Hände hob, um ihm behilflich zu sein, fuhr es wie mit taufend Nadeln stechend durch sie hin durch und wie gelähmt ließ ich sie sinken — nun war auch ich im Bereich der elektrisch geladenen Atmosphäre, deren Abgrenzung gegen die von der Spannung freien Zone sich hätte haarscharf feststellen lassen können. Knisternd sträubten sich unsere Haare auseinander und bei mir so toll, daß ich sie kaum unter die seidene Zipfelmütze bändigen konnte, die ich nun hervorzog. Alles, was wir zunächst instinktiv empfanden, war: Eile! Und so stürmten wir über die letzten Platten ohne weitere Achtsamkeit und Seilbedienung. Mit jedem Schritt aber, den wir höher hinauf kamen, nahm die Stärke der elektrischen Ausströmungen zu.

Manchmal fuhr sie so stark und jäh durch uns hin, daß wir die Handflächen gegen die Kopfhaut drückten, um die unerträgliche, reißende Spannung in derselben herabzudämpfen. Oft, wenn man die Hand ausstreckte, um Halt im Gestein zu finden, fuhr es schlagend in sie und ich mußte dann alle Energie aufwenden, um dennoch zuzupacken. Nebenbei suchte ich in meinem Gedächtnis nach Resten alter Physikkenntnisse aus der Schulzeit — leider waren sie äußerst dürftig — um zu ermitteln, was zu tun wohl jetzt das Beste war. Ich erinnerte mich etwas unbestimmt über tückische und durchaus nicht harmlose Rückschläge gelesen zu haben, gleichzeitig dämmerte mir die keineswegs tröstliche Behauptung aus irgend einem Bergbuch, daß die Blitzgefahr auf Graten und Gipfeln in allgemeinen nicht unterschätzt werden dürfe. Aber vorwärts!

Keuchend kamen wir auf der Mittelspitze an. Einen Augenblick mußten wir verweilen, um den Puls ein wenig ausschlagen zu lassen. Das eiserne Gipfelkreuz brauste ein ein Gießbach, alle Besucher schienen längst umgekehrt zu sein. Diese völlige Einsamkeit hier oben, das dröhnende Eisen neben uns und der weite lachende Himmel ringsum, der von nichts zu wissen schien und sich sorglos über all die unendlichen Bergzüge spannte, die das Auge von hier erreicht, hatte etwas Grandioses, und wir empfanden und genossen es. Doch liessen wir uns nicht die Zeit, uns in’s Buch einzutragen, sondern hasteten weiter.

Mit jeder Minute wurde unsere Lage verschärfter und unheimlicher. Alle Sicherungen surrten und wir hielten uns nach Möglichkeit von ihnen fern. In den Gratscharten war es stets erträglicher, stiegen wir aber wieder empor, so schien sich die fremde Gewalt, der wir wehrlos preisgegeben waren verdoppelt zu haben. Manchmal rissen diese Eindrücke so alt den erregten Nerven, daß deren Widerstandskraft vielleicht in Frage gestellt worden wäre, wenn nicht die Aufmerksamkeit durch die Eile, mit der wir uns über den Grat kämpften, abgelenkt worden wäre. Mir schien es selbst kaum glaublich, daß wir knapp 12 Minuten, nachdem wir die  Mittelspitze verlassen hatten, ins Unterstandshüttchen auf dem Hocheck schlüpften.

Auch hier war es leer. Hochatmend sahen wir uns an — so waren wir doch noch nie gelaufen! Das Tempo in der Wand selbst, für die wir 235 Kletterstunden brauchten, kam mir jetzt kaum noch rasch vor! Waren mir in der Hütte sicher? Wir wußten es nicht, aber es ist merkwürdig, daß vier dünne Bretterwände genügen, um dem Menschen die Illusion zu geben, er sei allen feindlichen Mächten der Natur entronnen.

Während wir das Seil einpackten und die Nagelstiefel anzogen, polterten die ersten schweren Gewitterschläge um uns. Das Feuer der Blitze blendete in solcher Nähe, daß uns jedes Mal eine körperliche Erschütterung spürbar ward. Dabei fiel kein erlösender Regen, und die Ferne blieb klar und sonnenlichterfüllt. Wir hatten beide etwas Aehnliches noch nicht erlebt und standen noch lange unter dem Eindruck dieses dämonischen Ausklanges unseres Weges.

Eine Stunde später stießen wir im Watzmannhaus wieder auf Menschen, die ersten heute. „Gnädigste“, sagte ein älterer Herr zu mir, neben dem ich meine Suppe löffelte, „gehen Sie nicht auf die Mittelspitze, höchstens aufs Hocheck, es ist kein Weg für Damen.“ Ich bewahrte mein kleines Geheimnis, aber mein Gefährte lachte belustigt auf.

Von der Falzalm führte uns ein Jagdpfad schnell nach Kühroint hinüber. Dann aber wurde mir ein Umweg nach Norden nicht geschenkt, mußte ich doch notwendig die Schütte sehen, die die jungen Schiläufer Berchtesgadens mit köstlichem Eifer sich hier erbauten und die mein Freund mir schon in den glühendsten Farben geschildert hatte. Vielleicht, wenn ich noch besser Schi laufen lernen würde, dürfte ich auch einmal darin übernachten — ja, und nebenbei, das Schiklubmitglied durfte ich es natürlich so wie so! Nun, ich war dann doch sehr neugierig, aber keine Mauer, kein Dach schimmerte uns durch die Stämme entgegen — vorerst war von der Hütte nur ein kleiner viereckiger Fleck Waldboden vorhanden, den man von Moos und Gestrüpp befreit hatte und in dessen Mitte ein großer zentnerschwerer Stein sich wichtig und hinderlich machte. Die wackeren Erbauer der zukünftigen Hütte, mir wohlbekannte junge Berchtesgadener, streckten sich behaglich im Grase daneben, neckten ein „Deandl“, das sie sich mit heraufgenommen hatten — natürlich! — und rauchten Zigaretten.

„Der Stoan!“ seufzten sie, „der Stoan, so a Mistviech von Stoanl“ Ich bewunderte alles und lobte sie mit viel Begeisterung, und ein kleines Narrenglöckchsn bimmelte freundlich und vergnügt dazu.

Der Heimweg durch die stillen Wälder und den Frieden des Tales war dann der letzte Ton in der Melodie dieses Tages. Am Westhimmel brannte flammend und groß der Abend.

 

Ein schriftliches Denkmal für die Berchtesgadener Bergführer

Zeitschrift des deutschen und österreichischen Alpenvereins, 1939

Unsere Bergführer

Fritz Schmitt, München

Wir wagen nun einen weiten Sprung hinüber ins Berchtesgadner Land.

Einer der ersten Berufsführer war hier der 1816 geborene Johann Jlsanker, genannt Stanzl. Ein Original ! Sein Leibberg war der Watzmann; im Sommer 1868 stand er 59mal oben, und im Februar 1871 brannte er mit Peter Lölzl nach der Einnahme von Paris auf dem Hocheck ein Siegesfeuer ab. Es war dies die erste Winterbesteigung.

Im nächsten Sommer besuchte der damalige deutsche Kronprinz den Watzmann, und es wurde nach dem ältesten Führer, dem Stanzl, geschickt. Der Prinz erzählte beim Aufstieg von der tapferen bayrischen Armee, die er Anno 70 geführt, und der Stanzl von den guten und minderen Leeren am Seil. Auf dem Hocheck meinte der Prinz nachdenklich: „Das ist eine eigene Sache mit dem Führen, nicht wahr, Stanzl?“ — „Woll, woll, Hoheit!“ antwortete der Berchtesgadner. „A richtiger Führer ist d‘ Hauptsach, und wenn d‘ Hoheit uns Bayern Anno 66 g’führt hält‘, nacher hätten mir sie kreuzweis verdroschen, die großmäuligen Preußen!“

Genau zwölf Jahre später schickte der Kronprinz dem Stanzl zum 50jährigen Führer Führerjubiläum einen freundlichen Brief und obendrein 100 Mark! —

Aus der Anfangszeit sind ferner zu nennen: Johann Berger, der L. von Barth 1868 auf das Grundübelhorn begleitete, die Brüder Johann und Josef Grafl, Simon Lasenknopf, Aschauer, vulgo Wimbacher, und Kaspar Ofner, der alte „Preißei“ und Stiefvater des Johann Punz. Ofner ging häufig mit Kaindl aus Linz und F. von Schilcher.

Der Lorbeer der Berchtesgadner Führerschaft gebührt Johann Grill, dem alten Kederbacher. Am 22. Oktober 1835 wurde er in Ramsau geboren. Mit dem jüngeren Nachbarsbuben Johann Punz, dem „Preißei“, erstieg er 1868 den Kleinen Watzmann über die bauchige Südwand und überschritt alle drei Watzmanngipfel. Es ist hier nicht möglich, nur annähernd die Erstbesteigungen Kederbachers aufzuzählen. 1874 betrat er mit Loschge in den Westalpen Wetterhorn,Schreckhorn, Matterhorn, Lyskamm und andere Gipfel. Als bedeutendste spätere Fahrten seien aus der Fülle herausgegriffen: 2. Begehung der Weißhorn-Westwand mit Farrar, Finsteraarhorn-Südostgrat, neuer Weg auf die Aiguille Verte, Erst Ersterkletterung des „Roten Turmes“ am Bietschhorn und Piz Kesch-Südwand. Ins Insgesamt ­stand er fünfzigmal auf Viertausendern, und in den Ostalpen blieb ihm kaum eine Gruppe fremd. Wenn von Kederbachers schönsten Bergerfolgen die Rede ist, dürfen die Erstersteigungen des Tribulaun (1874), der 1700 m hohen Wahmann-Ost- wand (1881) und des Presanella-Rordostgrates nicht verschwiegen werden. Kederbacher blieb bis in sein hohes Alter rüstig. Mit 57 Jahren durchstieg er innerhalb 14 Tagen zweimal die Watzmann-Ostwand, und als Sechziger erklomm er trotz tiefen Neuschnees Croda da Lago und Kleine Zinne. Ab 1888 bewirtschaftete der berühmte Ramsauer das neu erstellte Watzmannhaus. Die Feier seines 80. Geburtstages brachte ihm ein glückliches Erinnern, und innig freute er sich über ein ehrendes Schreiben des D. A. V.

Im Kriegswinter 1917 trat der alte Kederbacher ohne Siechtum und Kampf seine letzte Erdenfahrt an. In sein Führerbuch schrieben vorbildliche Alpinisten Worte höchster Anerkennung. Farrar bezeichnte ihn als „Sinnbild unbeugsamer Anerschrockenheit“. Dr. Blodig, der ihn einen „Fürsten im Bauernkittel“ nannte, erzählte, daß Keder Kederbacher einmal auf Drängen nach einer Besteigung der Aiguille Blanche gesagt habe:  „Ja, ja, es geht schon, aber i geh net!“ Als Friedmann eine Karte in eine Gipfelflasche gesteckt hatte, erkundigte sich Kederbacher nach dem Sinn dieses Tuns, überlegen meinte er: „Dös hat alles koan Wert! D‘ Hauptsach is, daß i selber woaß, daß i droben war!“ Fast sprichwörtlich ist Kederbachers Beruhigungsformel vor mancher gewagten Fahrt geworden: „Wenn man nur woaß, wo der Berg steht!“ Alle drei Kederbacher-Söhne haben das Führerzeichen erworben, und besonders der älteste, der 1862 geborene Hans, machte seinem väterlichen Vorbild alle Ehre.Mit 17 Jahren autorisiert, mit 19 Jahren auf einem Viertausender — für einen Ramsauer nicht alltäglich! Bei dem erstklassigen Ruf — „völlig gleichwertig mit seinem Vater in dessen besten Tagen“, schrieb Capt. Farrar, mit dem er erstmals Pointe Farrar erklomm und in den Dolomiten Schmittkamin, Winklerturm und Rosengartenspitze-Ostwand kennenlernte — erübrigt sich eine lange Fahrtenliste. Er stand auf mehr als 40 verschiedenen Westalpenhäuptern, beispielsweise auf dem Matterhorn fünfmal. Nach einem Armbruch übernahm er 1905 das Watzmannhaus.

Dem jüngeren Kederbacher war nicht ein so friedlich-glücklicher Lebensabend beschieden wie seinem Vater. 1929 erlag er einem schweren, zehrenden Leiden.

Ein Nachbar,Kamerad und Weggefährte des alten Kederbacher war Johann Punz, als „Preißei“ weit bekannt. Die Einträge im Führerbuch des um acht Jahre Jüngeren beginnen 1861. Im nächsten Sommer lesen wir bereits Glöckner, Lochtenn, Wiesbachhorn und später Weißkugel, Ortler, Zillertaler und Rieserferner. Mehrmals begleitete er Prof. Richter wochenlang auf seinen „Gletscherbeobachtungen“: „War, wie immer, mit seiner Bescheidenheit und Geschicklichkeit sehr zufrieden. …“ 1888 nahmen Purtscheller und Dr. Diener den schneidigen „Preißei“ — ein Turist schrieb einmal „Punz aus Preußen“ auf drei Wochen mit ins Wallis. Von den 20 erstiegenen Gipfeln seien nur genannt: Matterhorn, Weißhorn, Montblanc de Seilon, Grand Combin usw. In seiner Bergheimat schaffte er sich durch Wiederholungen der Watzmann-Ostwandfahrt, Erstbegehung der Lochkalter-Ostflanke und Erkletterung des brüchigen Kleinen Palfelhorns — „ein eminenter Führer“, schrieb F. von Schilcher ins Buch einen guten Ruf. 1890 kam in der Wahmann-Ostwand die dunkle Stunde seines Daseins: Schöllhorn stürzte in die Randkluft. „Preißei“ litt seelisch sehr unter diesem tragischen Ünglück und konnte seine Leistungen vorher lesen wir noch Marltgrat bis zur Lälfte, Monte Disgrazia, Biancograt, Zinalrothorn nicht mehr überbieten. 1894 mußte er wegen eines Herz- und Lungenleidens dem Führerberuf entsagen, und 1907 schloß er seine weltmüden, einst so tatenfrohen Augen.

Grosser Watzmann – Die klassische Ostwand

Die klassischen Ostwandwege

Kederbacher Weg

Johann Grill und Otto Schück am 06.06.1881.

Salzburger Weg

Hans Feichtner, Hermann Feichtner, Viktor Reitmayer und Ludwig Schifferer am 08.09.1923. (Tourbericht vorhanden)

Münchener Weg

Die Erstbegehung des Münchener Weges erfolgte am 15.07.1929 durch Dr. Fritz Thiersch. Überwiegend mit der Schwierigkeitsstufe II, bei zwei Stellen im Bereich IV, bietet der Münchener Weg eine eindrucksvolle Kletterei in zum Teil brüchigen Fels. Die Vereinigung mit dem Salzburger Weg findet auf dem ersten Band statt. (Tourbericht vorhanden)

Berchtesgadener Weg

Josef Aschauer und Hellmuth Schuster am 28.09.1947 mit 80 Meter Schwierigkeiten der Stufe III auf Höhe der Wasserfallwand, ansonsten vorwiegend II.

Andere Wege durch die Ostwand

Frankfurter Weg

Am 02.08.1949 begingen Fritz Krämer und Werner Krohn einen neuen Weg und eröffneten den geradesten Weg durch die Ostwand. Die Schwierigkeiten liegen im Bereich V auf einer Seillänge, ansonsten wird im Bereich IV und III geklettert. In der Mitte der Ostwand trifft die Führe auf den Salzburger und Münchener Weg.

Polenweg

Der Polenweg wurde am 15.08.1973 durch die polnische Seilschaft Bogusław Mazurkiewicz und Adam Uznanski junior eröffnet, ist eine Variante des Berchtesgadener Weges und wartet mit Schwierigkeiten der Stufe V auf.

Franz Rasp Gedächtnisweg

Michael Grassl, Peter Hundegger, Lisa Meyer am 03.07.1999.

Sonstige Varianten

Zahlreiche Varianten der Durchsteigung berühren in ihrer Linienführung die Bänder 1 bis 5 der Ostwand. Dazu kommen Diagonal- und Querverbindungen.

I. Band

 

II. Band

Hans und Simon Flatscher im Jahre 1929. (Evtl. auch 1935)

III. Band

Der Weg des Kederbachers im Jahre 1881.

IV. Band

 

V. Band

H. Bose und H. Lepperdinger 1920

Diagonalverbindung vom Schöllhornkar zur Gipfelschlucht

Franz Rasp am 26.06.1966

Variante des Kederbacherwegs unter Nutzung des I. Bandes

Steinschlaggefahr auf dem ersten, schönen, Band, schwierige Unterbrechungsstelle bei Aufstieg in die Gipfelschlucht.

Variante des Salzburger Weges mit Aufstieg zur Mittelspitze

S. Kurz und J. Hribar am 27.09.1949

Diverse Varianten zum Berchtesgadener Weg

Durchstiegsvarianten auf dem Weg von der Eiskapelle zum Schuttkar und vom Schuttkar zur Wasserfallwand

Variante zum Frankfurter Weg

Franz Rasp eröffnete 1968 bei annähernd gleicher Linienführung mit einer Variante des Frankfurter Weges eine leichtere Möglichkeit.

Querung zum Watzmannkar

H. Grassl, J. Grassl und J. Zechmeister 1949, Vermeidet im oberen Wandteil im Notfall den Ausstieg aus der Gipfelschlucht. Querung auf Bändern ca. 50 Meter oberhalb der Biwakschachtel.

Ostwand aus dem Eisbachtal

IV, Zeitbedarf 10-12 Stunden, schwieriger als der Weg des Kederbachers.

Südostwand aus dem Eisbachtal

IV-, Zeitbedarf 12 Stunden, im unteren Bereich der Führe steinschlaggefährdet.

Entwicklungsphasen des Alpinismus

Albert Hirschbichler, in den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts Rekordhalter für die schnellste Begehung der Watzmann Ostwand auf dem Berchtesgadener Weg in 2 Stunden – 10 Minuten und 12 Sekunden, gibt hier einen interessanten Abriss über die Entwicklung des Alpinismus unter besonderer Berücksichtigung der Entwicklung in den Berchtesgadener Alpen.

Das von Hirschbichler präsentierte Phasenmodell unterteilt sich in 5 Epochen. Innerhalb der Berchtesgaden prägenden Epoche  identifiziert er seilschaftsbasierende Subphasen.

1.) Die Epoche des PräalpinismusVon den Anfängen bis zur Erstbesteigung des Mont Blanc 1786

2.) Die Epoche des frühen AlpinismusVon der Erstbesteigung des Mont Blanc bis zur Gründung der alpinistischen Organisationen 1857-69

3.) Die Epoche des klassischen AlpinismusVon der Gründung der alpinen Vereine 1857/69 bis zum Ende des 19. Jahrhunderts

4.) Die Epoche des modernen AlpinismusErste Hälfte des 20. Jahrhunderts; die „letzten Probleme“ in den Alpen und modernes Klettern

5.) Der zeitgenössische Alpinismus – Von der Ersteigung des ersten Achttausenders 1950 bis in die Gegenwart

 

Der moderne Alpinismus im Berchtesgadener Land

1900-1920: Berchtesgadener Kletterpioniere
Die 20er Jahre – Josef Aschauer, kühne Routen im V. Grad ohne Haken
Die 30er Jahre – Die Seilschaft Hinterstoisser/Kurz eröffnet Routen im VI. Grad