Lothar Patera – Gratwanderung von Ost nach West

Der Schüler Ludwig Purtschellers bevorzugte Grat- und Kammwanderungen sowie die Kombination von vielen Gipfeln. Im September 1895 gelang ihm eine bemerkenswerte Tour am kleinen Watzmann und den beiden folgenden Watzmannkindern.

ÖAZ, 1899, S. 157

Berchtesgadener Alpen

Kleiner Watzmann (2304m) mit Abstieg zur Labelscharte, Watzmannkinder (Punkt 2244 Alpenvereinskarte, I. Gratübergang zu Punkt 2230, II. Erst., P. 2165).

1. September 1895.

Ich verliess Zill hei Hallein 5h früh, kam 6h 30m nach Berchtesgaden, 7h 45m nach Ilsank und stieg von dort auf angenehmen Waldwegen zur Schappbachalm hinan (9h-9h 45m). Eine Zeitlang benützte ich noch einen kleinen Fahrweg, dann wandte ich mich direct durch Wald dem Kederbichel zu und erreichte über die Gratschneide fortkletternd ohne besondere Schwierigkeiten die Spitze des Kleinen Watzmannes (1h -2h). Indem ich mich anfangs etwas links (südöstlich) hielt, kletterte ich über die verwitterten Schrofen der steilen Südwand und durch jähe, mit losem Schutt gefüllte Rinnen hinab und traversierte weiter unten nach rechts zur Labelscharte (3h 3om – 4h), die inmitten einer grandiosen Felsscenerie gelegen ist. Ueber hohe Felsabsätze und Risse erklomm ich nun das östlichste Watzmannkind (Punkt 2244), ohne hiebei ein Drahtseil, das dort für die Treiber befestigt sein soll, anzutreffen (4h 30m). Der Anblick der schroffen Spitzen und Felswände des Watzmannes, der anderen Gebirgsstöcke ringsum, sowie insbesondere des tief unten liegenden, grünlich schimmernden Königssees ist wahrhaft erhaben und einzig. Da ich Lust hatte, noch einige Gipfel zu ersteigen, so versuchte ich den noch nicht ausgeführten, fast unmöglich scheinenden Abstieg über die jäh abstürzende Westwand zu forcieren. Ein schmaler Kamin, der sich unterhalb verflachte, nahm mich auf, nach dessen Bezwingung Risse und kleine Vorsprünge mit mehr als dürftigen Griffen den zwar kurzen, aber hervorragend exponierten Abstieg zur Scharte zwischen den beiden „Kindern“ 2244 und 2230 vermittelten. Von der Gletschermulde aus dürfte man wohl schwerlich direct hieher gelangen können. Auf den Punkt 2230 geht es von hier bequem über Geröll und Felsrippen (5h-5h 15m). Nach Westen bricht auch dieses „Kind“ in wilden Wänden ab, und nur eine Gratschneide ermöglicht das Hinabkommen, wobei es an pikanten Stellen nicht fehlt. So ist z. B. eine im Grate liegende, schräg abgedachte Platte nicht anders als durch „Hangeln“ zu überwinden, indem man mit den Händen den südlich über den Abgrund hinausragenden Rand erfasst und, die Füsse auf der anderen Seite in die Luft baumeln lassend, sich fortschiebt. Von der Scharte bestieg ich noch den unschwierigen Punkt 2165 (5h 45m-6h), stieg dann über die Schappbachalm nach Ramsau (9h) hinunter und marschierte noch bis zum Hintersee (10h), wo ich bei der Sedanfeier bis 1h tanzte und nach kurzer Rast zur Besteigung der Grundübelhörner aufbrach.

Hans Feichtner – Spuren am Watzmann

Die Österreichische Alpenzeitung berichtet über zwei Touren von Hans Feichtner am Watzmannstock aus dem Jahre 1919.

Von Hans Feichtner (+) wurden 1919 noch folgende neue Turen (allein) ausgeführt:

Watzmannjungfrau. Südwestkante. Erste Ersteigung, am 5. August 1919.

Vom schneeigen Sattel östlich des Westlichen Kindes schwach rechts über steile, schrofige Felsen knapp an der Südwestkante schwer hinauf auf ein schmales Band. Auf ihm rechts zur Kante. Nun dicht an der Kante, einmal südlich knapp rechts von ihr durch einen Riß, dann wieder an der Kante vollends zum Gipfel. (100 Meter, ½ bis 1 Stunde.)

Kleiner Watzmann. Südwestgrat. Erster Aufstieg, vermutlich am 5. August 1919.

Aus der Watzmannscharte, immer der Gratkante folgend, bis zum überhangenden Abbruch. a) Derselbe wird schwach rechts der Kante durch einen Riß sehr schwer und anstrengend überwunden. Oder b) knapp links der Kante durch einen links schräg aufwärts führenden Riß sehr schwer und anstrengend hinaus. Nun wieder an der Kante weiter bis zum plattigen Gipfelabbruch. Unter diesem kurzer Quergang nach links und über eine plattige, rinnenartige  Verschneidung zum südlichen Vorgipfel und über den Grat zum Hauptgipfel.

Grosse Tour am kleinen Watzmann – Franz Barth und Kaspar Wieder mit der „Alten Westwand“

Österreichische Alpenzeitung

1909, S. 279

Turenberichte.

Salzburger Kalkalpen.

Kleiner Watzmann (2307 m). 1. Ersteigung über die Westwand am 12. Juli 1908 mit Herrn Franz Barth-Salzburg.

Von der Schapbachalm (1014 m) auf anfänglich schönem, später dürftigem Jagdsteig links abbiegend ins Watzmannkar bis unmittelbar unter dem Gipfel des Kleinen Watzmanns.

Einstieg in die Westwand in der Fallinie der mittleren (höchsten) Spitze, wo der Schutt zu höchst hinanreicht.

Über steilen Schnee (in späterer Jahreszeit wohl Schutt) zu einem schrofigen Vorbau, über welchen man einen oben blockgesperrten Kamin erreicht; durch diesen empor. Man gewinnt damit ein nach links führendes Band, das bei einer kesselförmigen Einbuchtung der Wand endet, knapp unterhalb ungangbarer Plattenschüsse.

Wenige Meter abwärts und über leichten Fels zu einer linke (nördlich) steil emporführenden Rinne; durch diese in schöner Kletterei unter einen Überhang hinauf. Kurze Traverse nach links (sehr exponiert) zu einem weiteren Überhang; sehr schwer und äußerst ausgesetzt darüber hinauf.

Auf schmalem Schrofenband nach links und über leichten Fels rechts zu dem fast die ganze Westwand von links nach rechts aufwärts durchziehenden, durchwegs von kolossalen Überhängen überdachten Band hinauf. (Vom Watzmannhause gut sichtbar.) Ohne Schwierigkeit auf diesem, stellenweise fast nach innen geneigten Bande aufwärts. Eine kurze Unterbrechung leicht überwindend zu dessen Ende empor. Steinmann mit Karten.

Von hier über eine hellgraue; etwas brüchige Wand direkt zu einem etwas westlich des höchsten Gipfels herabziehenden Riß emporkletternd, quert man, wenige Meter unter seinem Beginne, auf sehr glatter, schwieriger Platte nach rechts und gewinnt mit wenigen Schritten aufwärts den westlichen Gipfel.

Landschaftlich sowie technisch einzigartig schöne Tur. Dauer der Kletterei ungefähr 3 Stunden.

Kaspar Wieder, Salzburg

Friedrich Thiersch V & VII – Kleiner Watzmann ohne grossen Schinder

Der klassische Anstieg auf den kleinen Watzmann erfolgt in der Regel von Kühroint kommend über den Kederbichel mit der Schlüsselstelle Gendarm.

Relativ spät eröffnete sich durch die Seilschaft Thiersch V, Thiersch VII und Meindl eine Alternativroute.

Nachträglicher Bericht über eine Erstbegehung am Kleinen Watzmann

Die üblichen Anstiege von nicht zu großer Schwierigkeit auf den Kleinen Watzmann haben das Unangenehme, daß man am Anfang jedesmal einen sog. großen Schinder zu erledigen hat.

(Kederbichel auf der normalen Route; Watzmannkar, wenn man von der Watzmannscharte aus die Südwand oder den Südwestgrat benützt.)

Daher ist folgender Anstieg empfehlenswert, der zum erstenmal am 30. August 1926 von Friedrich Thiersch V, Christoph Meindl und Friedrich Thiersch VII gewählt wurde.

Er geht vom Schneeloch (1 Std. Kühroint) aus und benützt die große Plattenflucht, die zu ihm von der breiten Scharte herabfällt, welche in dem zum Mooslohnerkopf ziehenden Ostgrat des Kl. Watzmanns von weitem sichtbar ist. Von der höchsten Stelle des Schneefeldes aus wurde in einigen schwierigen Rissen die untere Steilstufe der Plattenflucht erklettert und durch Benutzung von Plattenrillen die erwähnte Scharte erreicht; nun erhebt sich der Ostgrat in einigen Türmen, deren zwei größte schwierig überklettert wurden. (Umgehung rechts leicht.) Dann auf dem rasendurchsetzten breiten Rücken zum Südgipfel. Der Weg verbindet mit anregender Kletterei schönste Tiefblicke auf den Königsee.

Schneeloch unterhalb des „Fensters“

Kleiner Watzmann – Schlüsselstelle Gendarm

Beim Aufstieg auf den kleinen Watzmann stellt der Gendarm eine erste Schlüsselstelle dar. Die teilweise ausgesetzte Kletterpassage wird mit der Schwierigkeit II bewertet und bereitet sicherlich im Vorfeld manchem Gipfelaspiranten Kopfzerbrechen.

Die gute Nachricht ist, der Gendarm ist unten und in der Mitte mit Bohrhaken und Ring bestückt. Im oberen Teil befindet sich ein Kettenstand.

Die vorhandenen Haken ermöglichen im Aufstiegsfall eine solide Sicherung des Nachsteigenden, eine klassische Abstiegssicherung mit Abzugsmöglichkeit kann ebenfalls gelegt werden.

 

Paul Krebs – Der kleine Watzmann mit Abstieg nach St. Bartholomä

Gemeinsam mit dem Führer Franz Pfnür fand Paul Krebs am 20.09.1886 eine neue Abstiegsroute vom kleinen Watzmann. Hierbei wählten die beiden als Ziel des Abstiegs St. Bartholomä über das Watzmannlabl und den Rinnkendlsteig.

Mitteilungen des deutschen und österreichischen Alpenvereins

1886, S. 254 ff

Kleiner Watzmann

Paul Krebs, Wien

Kleiner Watzmann 2304 m. Besteigungen des Kleinen Watzmann gehören zu den Seltenheiten, da dieselben als schwierig und gefahrvoll gelten. Freilich zeigt sich der Berg so schroff, dass diese Ansicht gerechtfertigt erscheint, namentlich wenn man die Ostabhänge betrachtet, welche so steil in den Königssee abfallen, dass bis jetzt, so weit bekannt, es noch Niemand unternommen hatte, den Abstieg durch diese Wände nach St. Bartholomae zu versuchen.

Um mich von der Möglichkeit dieses Abstieges zu überzeugen, ging ich am 20. September mit Führer Franz Pfnür aus Berchtesgaden zur Kührointalm; da diese jedoch nicht mehr bewohnt war, mussten wir zu der eine Stunde tiefer gelegenen Schapbachalm hinabgehen, um dort zu übernachten. Am nächsten Tage war das Wetter zu ungünstig, um den uns Beiden neuen Weg zu unternehmen, wir benutzten jedoch den Nachmittag, um den Archenkopf und die nördlich von demselben den Königssee einschliessenden Höhen zu besteigen, welche ein herrliches Panorama bieten; der Blick vom Archenkopf auf den See und St. Bartholomae lohnt die leichte Besteigung dieser Höhe. Die Nacht zum 22. September brachte wieder Regen, so dass wir erst nach 7 U Morgens, als das Wettersich aufzuheitern begann, von der Schapbachalm aufbrechen konnten. Um 8 U hatten wir die Kührointalm wieder erreicht und begannen nun den Anstieg, welcher naturgemäss zunächst über den grünen Riegel führte, der sich rechts am Fusse des Kleinen Watzmann hinanzieht, und auf welchem man leicht bis ungefähr zur halben Höhe des Bergkegels gelangt. Rechts unter sich hat man hier die zähen Abstürze zur Watzmannscharte, gegenüber die imponirenden, terrassenförmigen Ostabhänge des Grossen Watzmann. Die früheren Besteiger traversirten von da, wo der grüne Riegel sein Ende erreicht und die Wände steiler werden, nach links hinüber, oberhalb der hier steil zum Fusse des Berges abfallenden Platten, und erreichten durch eine Einsenkung, sich in dieser dann rechts haltend, den Gipfel. Auch Hermann v. Barth wählte diesen Weg, wie ich aus seinen Aufzeichnungen zu ersehen Gelegenheit hatte. Wir setzten den Anstieg in direkter Richtung auf den Gipfel zu fort, welchen wir ohne erhebliche Schwierigkeiten erreichten; nur hatten wir eine steile, ca. 20 Fuss hohe Wand zu überklettern, welche jedoch, da sie Spalten und Risse zeigt, von einem leidlich geübten Touristen leicht und gefahrlos zu überwinden ist; ferner unmittelbar unter dem Gipfel eine steile Platte, bei deren Begehung wir Hände und Füsse zu Hilfe nahmen. Um 10 U 45 hatten wir die Spitze erreicht und fanden uns durch eine herrliche Aussicht belohnt. Das Panorama ist nahezu dasselbe wie vom Grossen Watzmann, nur sind die Höhen westlich vom Gross-Venediger an, welcher zwischen Hundstod und dem Grossen Watzmann sichtbar ist, verdeckt.

Die Spitze des Kleinen Watzmann besteht aus zwei Kuppen, die durch eine geringe Einsattlung von einander getrennt sind. Die von Berchtesgaden aus sichtbare Spitze ist um einige Fuss höher, doch ist St. Bartholomae nur von der anderen, südöstlich gelegenen, aus sichtbar. Um 11 U 30 traten wir den Abstieg an. Da ich denselben direct nach St. Bartholomae hinunter machen wollte, legten wir die Steigeisen an, und stiegen zunächst 2 St. in südöstlicher Richtung, gerade auf St. Bartholomae zu, ab; dann wendeten wir uns nordöstlich und erreichten in weiteren 2 St. den Jägersteig, welcher

vom sogenannten Watzmannanger über die Mooslahnerwand und durch das Watzmannrinnkendel nach St. Bartholomae hinunter führt, wo wir um 4 U glücklich eintrafen. Die ersten zwei Stunden des Abstieges hatten wir schroffe Felswände zu durchklettern, wobei uns viele kleine, erkerartige Vorsprünge zu Statten kamen, indem man von denselben aus den zunächst zu wählenden Weg leichter übersehen konnte.

Vorsichtigerweise hatten wir ungewöhnlich lange und starke Bergstöcke genommen, welche uns bei den oft sehr hohen Stufen von grossem Nutzen waren, so dass sich die mitgenommenen Seile als entbehrlich erwiesen. Als wir dann ungefähr die Höhe des Watzmannanger erreicht hatten, welchen wir seitwärts liegen liessen und von welchem wir durch eine den Watzmannwänden parallel laufende Wand getrennt waren, kamen wir in dichtes Krummholz, welches das Steigen erschwerte und zur Vorsicht nöthigte. Nur wenig an Höhe verlierend, traversirten wir sodann die Mooslahnerwand entlang zum Archenkopf hinüber, um den vorher erwähnten Jägersteig zu erreichen, welcher von der Höhe des Archenkopfes nordwestlich zum Watzmannanger, südlich in einer guten halben Stunde nach St. Bartholomae hinunterführt.

Dieser neue Abstieg ist insofern interessant, als man während der ganzen Zeit das herrliche Bild des von Booten belebten Königsee’s mit der Halbinsel St. Bartholomae unter sich hat.

Die ganze Tour ist von Berchtesgaden aus leicht in einem Tag zu machen, wenn man um 4 oder 5U von dort aufbricht; freilich dürfte dieselbe nur geübten Bergsteigern zu empfehlen sein.

Wien. Paul Krebs.

 

Franz von Schilcher – Auf dem Gipfel des wilden Gesellen

Die Erstbesteigung des kleinen Watzmanns, auch Watzmannfrau genannt, genau zu datieren und mit Primärquellen zu belegen gestaltet sich schwierig.

Franz von Schilcher bestieg den Gipfel des kleinen Watzmanns am 27.08.1863 und berichtet hierüber in einem längeren Aufsatz über die Berchtesgadener Gruppe aus dem Jahre 1878.

Zeitschrift des deutschen und österreichischen Alpenvereins, 1878, S. 185

Aus der Berchtesgadener Gruppe

Franz von Schilcher, München

Kleiner Watzmann.

1 Ersteigung des Kleinen Watzmann 2293m*).

Am 27. August 1863 Morgens 5 U. 30 MA verliess ich mit Johann Grafl Berchtesgaden. Beim Brunnwerk Ilsang überschritten wir die Ramsauer Ache und stiegen über die Schappach- nach der Kühroint-Alpe am Fusse des Kleinen Watzmann, der auch hier die Gestalt, in welcher er sich vom Thal aus repräsentirt, beibehält, jedoch in der Nähe betrachtet, so gewaltige Wände und Schrofen zeigt, dass sein Ruf als wilder Geselle vollkommen gerechtfertigt erscheint.

8 U. 20 begannen wir die Besteigung und gelangten anfänglich durch Fichtenwald, dann später über felsiges, mit Krummholz bewachsenes Terrain, zuletzt eine Strecke weit am Rand der Watzmannscharte rasch in die Höhe. Bald schlugen wir die östliche Richtung ein und es folgte nun eine mühselige Wanderung durch fast undurchdringliches Latschen Latschendickicht, an einigen mächtigen Steilwänden vorüber, zuletzt betraten wir den Grat und gelangten theils auf ihm selbst, theils unter seinem Südabfall fortschreitend 10 U. 15 zur Spitze. Sie bildet eine nicht ungeräumige, sanft gewölbte Kuppe mit leichtem Grasanflug.

Die Aussicht über das Berchtesgadener Thal, der Blick auf den Göll und die ihm östlich sich anschliessende Gruppe der Königseer Berge, dann südlich auf die Schneefläche der Uebergossenen Alpe und auf einen beträchtlichen Theil der Tauernkette, auf den Obersee, vor Allem aber der Anblick des unmittelbar zu Füssen sich ausbreitenden Königseespiegels bieten dem Auge ein Bild voll Reiz und Erhabenheit. Ein Anblick unbeschreiblicher Wildheit und massloser Zerstörung stellt sich dar, wenn man gegen W. gewendet in die Fels- und Schneebecken der Watzmannscharte hinabschaut. Die Schrofenreihe der „Watzmannkinder“ schliesst dieselbe gegen S., die himmelanstrebende Mauer des Grossen Watzmann gegen W. ein. Der uns zunächst gelegene Schroten steigt mächtig und steilwandig auf; unsere Spitze überragt ihn kaum um 200′; der Bezeichnung eines „Watzmannkindes“ ist er also eigentlich entwachsen. Gerne hätten wir noch länger auf unserer Zinne verweilt, hätte nicht der Gedanke an den Abstieg zur Scharte und die Möglichkeit hiebei eintretender Zwischenfälle zum Auf Aufbruch gedrängt.

1 Uhr verliessen wir die Spitze, die südöstlich und südlich umgangen werden muss; an der Westseite hinabzugelangen erklärte der Führer für unmöglich und in der That scheinen die lothrechten, stellenweise stark überhängenden Wände diesen Ausspruch zu bestätigen. Wir stiegen zuerst an der Südostseite ziemlich tief hinab, steuerten dann aber bald in westlicher Richtung der Lablscharte zu, wobei zuerst in schwindelnder Tiefe der Königssee und St. Bartholomä, dann der tief eingerissene nach 0. jäh hinabziehende Lablgrabenunter uns lag.

Nach Inständigem beschwerlichem Abwärtsklimmen an verwitterten Schrofen und durch steile, mit losem Schutt erfüllte Kamine, wobei es an wirklich gefährlichen Situationen nicht mangelte, langten wir schweissgebadet an der Labischarte an, einer thorartigen Einsenkung zwischen dem Kleinen Watzmann und dem oben erwähnten Schrofen; in grosser Tiefe liegt der Eis- oder Schartenboden unter uns. Aufs neue beginnt das Klettern, Gesimse um Gesimse muss überwunden werden, das letzte unter einer stark über überhängenden ­hängenden überhängenden Wand. Es ist dies die schlimmste Stelle der ganzen Partie; denn kaum zwei Hände breit und ziemlich stark ab abwärts ­geneigt ist die Basis, auf welcher, in halb liegender, halb sitzender Stellung, zur Rechten die Felswand, zur Linken einen tiefen Abgrund nach Bergmannsart 20 — 25′ abgerutscht werden mnss. Ein Seil hätte hier gute Dienste geleistet. Als der erste passirte ich ohne Unfall die gefährliche Stelle, am Bergstock glitten die Rucksäcke hinab, glücklich folgte zu zuletzt der Führer.

Hier angelangt rasteten wir; es war 2 U. 30. Damals bot sich uns der seltene Genuss, an 100 — 150 Gemsen die zur Abhaltung einer für die nächsten Tage beabsichtigten Hofjagd zusammengetrieben waren, in nächster Nähe beobachten ­zu können. 3 U. 30 brachen wir auf, passirten ziemlich  mühelos den untersten Theil der Scharte und langten um 4 U. 10 wieder auf Kühroint an.

*) So weit meine Erkundigungen reichen, war derselbe bis dahin noch von keinem Touristen bestiegen worden; im Jahr 1861 hatten  vier Berchtesgadener Führer, die Gebrüder Johann und Josef Grafl, Mich. Walch und Rupert Holzeis die Besteigung ausgeführt und zwar mit dem Abstieg durch die Scharte. Im August 1869 wurde — jedoch ohne Auf- oder Abstieg stieg Abstieg durch die Scharte — die Spitze des Kl. Watzmann erstiegen von Fräulein Anna Blumenbach aus Riga mit Joh. Grafl; um dieselbe Zeit auch von Hermann v. Barth, welcher meines Wissens die Scharte nicht berührte.

 

Umfeldtouren – Mooslahnerkopf

Der Mooslahnerkopf bildet eine Fortführung des Nord-Ost-Sattels, bzw. Grates des kleinen Watzmanns und ist sowohl eigenständiger Berg und Aussichtspunkt als auch Ausgangspunkt für eine Besteigung des kleinen Watzmanns.

Mooslahnerkopf – 1815 Meter
  • von Kühroint in Richtung Archekanzel
  • zu querender Forststrasse nach rechts folgen
  • nach langezogener Rechtskurve, ca. 500 Meter, Steig nach links in den Wald
  • auf erkennbarem Steig steil zum Gipfel
  • Höhenmeter ca. 500 Meter
  • Schwierigkeit : mittlere Wanderung
  • Zeitbedarf : ca. 2-2,5 Stunden

Der Blick vom Gipfel des Mooslahnerkopfs bietet eine neue Sicht auf den kleinen Watzmann. Die Struktur des Felsens zeigt sich in ihrer ganzen Schönheit. Die Führe über den Grat und der folgende Aufstieg zum Gipfel können gut verfolgt werden.

Der Abstieg vom Gipfel kann bei Nässe mit gewissen Schwierigkeiten behaftet sein.